Sexualkunde: Brief entsetzt Schulleiter
Eine Broschüre verurteilt die Sexualerziehung als „Pornografie“. Auf der empfohlenen Internetadresse wird auf rechte Gruppierungen verwiesen.
Mönchengladbach. Auf dem Tisch von Peter Blomert, Schulleiter der Gesamtschule Espenstraße, landen täglich Broschüren und Werbematerial.
Das meiste wandert direkt in den Papierkorb. Auch ein Anschreiben einer Zahnarztpraxis war auf dem besten Weg dahin.
Als er sich die Papiere allerdings genauer anschaute, sei er entsetzt gewesen.
Thema der Broschüre inklusive DVD: der Sexualkunde-Unterricht. „Im Anschreiben werden die angesprochenen Schul- und Kindergartenleitungen vehement dazu aufgefordert, Sexualerziehung an den Schulen als harte Pornografie und Zwangssexualisierung von Kindern zu brandmarken“, sagt Blomert.
Im Schreiben, das der WZ vorliegt, heißt es außerdem: „Sexuelle Früherziehung öffnet den Kinderschändern Tür und Tor. Pädophilie wird in die Kindergärten und Klassenzimmer ziehen.“ Auf der DVD sei ein Schweizer Laienprediger zu sehen, der unter anderem die psychoanalytische Sexualtheorie als Pädophilie deute, sagt Blomert.
Im beiliegenden Material wird auf eine Internetseite von „betroffenen Eltern“ verwiesen, die gegen einen Sexualkunde-Unterricht sind und Demonstrationen organisieren. „Ein kurzer Besuch der entsprechenden Website liefert bereits als zweiten Eintrag auf der Homepage die Werbung für eine rechtsradikale Gruppierung“, sagt der Schulleiter.
Die Broschüre ist an zahlreiche weiterführende Schulen in Mönchengladbach geschickt worden. Bernd Schäferhenrich, Schulleiter der Gesamtschule Hardt, erhielt die Unterlagen per Mail. Er sagt: „Ich vermute eine rechtslastige Tragweite.“
Auch in der Gesamtschule Stadtmitte, der Gesamtschule Volksgarten, am Math.-Nat.-Gymnasium und am Gymnasium Am Geroweiher ist das Material im Sekretariat gelandet — und meist direkt im Müll.
Als Absender wird eine Gladbacher Zahnarztpraxis genannt. „Ja, ich habe die Broschüre an verschiedene Schulen und Kindergärten geschickt“, sagt die Inhaberin auf Nachfrage der WZ. Sie handele als Privatperson und Mutter. Die Internetseite, auf die sie verweist, sei nicht von ihr gegründet worden.
Darauf angesprochen, dass auf der Website rechtsradikale Gruppierungen verlinkt sind, sagt sie: „Wer meine Sache unterstützt, ist mein Freund. Auch wenn nicht alle Ziele übereinstimmen.“