Warnstreik am Alten Markt: Ärger, aber auch viel Verständnis
1600 Menschen beteiligten sich am Warnstreik auf dem Alten Markt. Die Auswirkungen spürten vor allem Pendler.
Mönchengladbach. Mächtig sauer war Michael Balderer. „Das ist lächerlich. Die verdienen genug, haben erst vor zwei Jahren mehr bekommen“, schimpfte der Gladbacher. Sein Problem: „Ich arbeite in Giesenkirchen. Da komme ich jetzt nicht hin.“
Vor allem Pendler waren gestern vom Warnstreik im öffentlichen Dienst betroffen. Sie ärgerten sich zwar, dass in der gesamten Stadt keine Busse fuhren. Doch hatten viele der Betroffenen auch Verständnis für die Angestellten. „Für die Leute ist es ja auch ärgerlich, nicht anständig bezahlt zu werden. Ich kann den Warnstreik nachvollziehen“, sagte Helga Tracey. „Ich muss nun aber einen Haufen Geld für ein Taxi nach Waldniel bezahlen. Das ärgert mich.“
Die Taxiunternehmen waren die Profiteure des Warnstreiks. „Es gab deutlich mehr zu tun“, hieß es von der Gladbacher Taxizentrale. So musste der eine oder andere schon mal zehn Minuten länger als üblich warten, aber alles sei „geordnet und ohne Chaos gelaufen“.
Die meisten hatten sich auf den Warnstreik eingestellt. Vereinzelt wunderten sich Fahrgäste am Busbahnhof, dass dort nichts los war. Die Anzeigetafeln wiesen auf den Warnstreik hin. Die Busse blieben den gesamten Tag in ihren Depots. Zehn Kitas waren geschlossen, ebenso die NEW-Bäder.
Die Streikenden zogen durch die Stadt und sammelten sich am Alten Markt zu einer Kundgebung. Die Stimmung war gut, rot-grünes Konfetti und Musik sorgten beinahe für Feststimmung. „Ihr seid klasse, ihr seid stark“, rief Mechthild Schratz, Geschäftsführerin von Verdi Linker Niederrhein, der Masse zu. Mehr als 1600 Menschen aus Gladbach und Umgebung beteiligten sich. „Das ist toll, deutlich mehr als wir erwartet hatten“, sagte Schratz.
100 Euro plus weitere 3,5 Prozent mehr fordert die Gewerkschaft, zudem eine verbindliche Übernahme für Auszubildende. Morgen und am Freitag wird wieder verhandelt. „Ich habe schon von vielen gehört, dass sie wieder streiken, wenn nichts oder zu wenig dabei herauskommt“, sagte Schratz.
Dass ein ganztägiger Streik nach nur einer Verhandlungsrunde überzogen ist, findet sie nicht. „Heftig war, dass bei der ersten Verhandlung nicht mal ein Angebot vorgelegt worden ist“, sagte Schratz. Dabei haben die Streikenden Verständnis für verärgerte Bürger. „Mit tun die Eltern auch Leid“, sagte Erzieherin Eva Schickel, die aus Tönisvorst gekommen ist. „Aber die Erfahrung zeigt: Mit vorsichtigen Verhandlungen lässt sich nichts erreichen.“
Das kann Maria Strunk verstehen. Sie kam nicht wie gewünscht von Stadtmitte nach Hardt. „Ich hole mir ein Brötchen, dann ist der Ärger verflogen“, sagte sie und blieb gelassen.