Energiekrise NRW will Stadtwerke mit Milliarden-Sicherheitsschirm absichern
Die NRW-Landesregierung will mit einem Milliarden-Schutzschirm die lokalen Stadtwerke absichern. Die kommunalen Energieversorger würden schließlich eine wesentliche Rolle bei der Versorgung mit Energie spielen.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung will mit einem Schutzschirm in Höhe von fünf Milliarden Euro die Liquidität der Stadtwerke in der Energiekrise absichern. Der Landtag beschloss am Donnerstag einen entsprechenden Änderungsantrag von CDU und Grünen für den Nachtragshaushalt 2022. Damit kann die NRW-Bank den an Stadtwerken beteiligten Kommunen Liquiditätskredite bis zu einer Gesamthöhe von fünf Milliarden Euro gewähren. Für den Rettungsschirm stimmten auch die Oppositionsfraktionen von SPD und FDP.
Infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei eine unsichere Energieversorgungslage in Europa entstanden, hieß es in der Begründung. Lieferengpässe und Lieferunterbrechungen hätten zu einem starken Anstieg der Beschaffungspreise auf den Energiemärkten geführt. Diese Entwicklung betreffe nicht nur Gasimporteure, sondern auch kommunale Energieversorger, die etwa zwei Drittel des Gas- und Strombedarfs deckten und damit für die Energieversorgung der Bevölkerung eine wesentliche Rolle spielten. Derzeit müssten bestehende langfristige Lieferverträge etwa durch den Zukauf deutlich teureren Gases erfüllt werden.
Der Grünen-Haushaltsexperte Simon Rock sagte: „Die Stadtwerke stehen angesichts der hohen Preise und großen Schwankungen auf den Strom- und Gasmärkten vor enormen Liquiditätsproblemen.“ Die schwarz-grüne Koalition wolle verhindern, dass Stadtwerke aufgrund mangelnder Liquidität in die Insolvenz getrieben würden. Da sich der Bund nicht zu einem eigenen Rettungsschirm für die Stadtwerke habe durchringen können, spanne NRW nun einen eigenen Sicherheitsschirm auf.
Erleichterung bei kommunalen Unternehmen
Stadtwerke versorgen Kommunen nicht nur mit Strom, Gas und Wasser - oft betreiben sie auch Schwimmbäder, Busse und Straßenbahnen und übernehmen die Müllentsorgung. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte daher den Sicherheitsschirm. „Handlungsfähige Stadtwerke sind das Fundament der Daseinsvorsorge vor Ort“, sagte der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe im VKU, Guntram Pehlke. Die kommunalen Unternehmen könnten so weiterhin die Energie- und Wasserversorgung aber auch den öffentlichen Nahverkehr und die Schwimmbäder in NRW finanzieren. „Die Regierung hat mit dem Schutzschirm ein bedeutendes Signal gegeben.“
NRW beschloss den Rettungsschirm für Stadtwerke einen Tag nach der Einigung von Bund und Ländern auf ein milliardenhohes Entlastungspaket angesichts der steigenden Preise und Energiekosten. In dem Bund-Länder-Beschluss wird ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, von Liquiditätsengpässen bedrohten Stadtwerken über Förderbanken unter die Arme zu greifen.
Nachtragshaushalt über fast eine Milliarde Euro
Der NRW-Landtag verabschiedete am Donnerstag mit den Stimmen der schwarz-grünen Regierungsfraktionen einen Nachtragshaushalt über knapp 900 Millionen Euro für dieses Jahr. Mit den zusätzlichen Mitteln will die seit gut vier Monaten amtierende Regierung aus CDU und Grünen unter anderem erste Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag einlösen.
So wird mit dem Nachtrag Geld für den Einstieg in die gleiche Lehrereingangsbesoldung, Klimaschutz, Sicherheit, Hochwasserschutz und die Versorgung von Ukraine-Flüchtlingen bereitgestellt. Allein für Geflüchtete aus der Ukraine will die Landesregierung noch im laufenden Jahr zusätzlich mehr als 570 Millionen Euro aufbringen.
1000 neue Lehrerstellen sollen eingerichtet werden, speziell für den Unterricht für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Außerdem werden weitere mehr als 500 neue Stellen geschaffen, davon 54 im Ministerialbereich aufgrund der Regierungsneubildung nach der Landtagswahl im Mai.
Dank höherer Steuereinnahmen hat der finanzielle Spielraum des Landes zugenommen. Der Landeshaushalt 2022 soll mit dem Nachtrag um fast 900 Millionen auf gut 88,4 Milliarden Euro wachsen.
Opposition fordert eigene Landespakete
Für den SPD-Haushaltsexperten Stefan Zimkeit ist der Nachtragshaushalt dennoch „ein Dokument der Tatenlosigkeit in schwierigen Zeiten“. Die SPD forderte erneut ein eigenes Entlastungspaket des Landes. Dazu müssten ein Notfallfonds für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie kleine und mittlere Betriebe gehören wie auch ein Energiekostenzuschuss für Vereine und Verbände.
Auch die FDP forderte eigene Entlastungsmaßnahmen der Landesregierung. Um neue Schulden zu vermeiden, müssten Mittel aus der allgemeinen Rücklage entnommen werden.
Start in die Angleichung der Lehrergehälter
Mit dem Einstieg in die Angleichung der Lehrergehälter sei ein jahrelanger Konflikt beendet worden, sagte Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU). NRW wolle damit attraktiver für Nachwuchskräfte werden. Die AfD sprach dagegen von einem „Einheitslohn“ für Lehrkräfte, der „gleiche Bezahlung für ungleiche Arbeit“ bedeute.
Die Lehrkräfte der Primarstufe und Sekundarstufe I in NRW sollen in fünf Schritten in die Besoldungsgruppe A 13 überführt werden, so dass ab August 2025 ein Plus von insgesamt 460 Euro erreicht wird. Damit soll die Verdienstlücke geschlossen werden, die etwa zwischen Grundschul- und Gymnasiallehrern klafft, obwohl die Ausbildungsstandards längst vereinheitlicht worden sind.