NRW Petr Hejma war Denker und Lenker der DEG
Der gebürtige Tscheche war Denker und Lenker des Düsseldorfer Eishockey-Bundesligisten in den 1970er Jahren. Am Freitag vor dem Derby gegen Köln gibt es die späte Ehrung: Sein Banner wird unters Dach des Domes gezogen.
Wenn am Freitag der Puck zum ersten Bully im rheinischen Derby der DEG gegen Köln eingeworfen wird, dann hängt das Ehrenbanner mit seinem Namen unter dem Dach des Domes. Der damit geehrte Weltklassespieler wird zu dieser Zeremonie zum ersten Mal hier das Eis betreten haben; auf dem von Prag bis Grenoble vor seiner Flucht, danach von Düsseldorf bis Füssen, Garmisch und Bad Tölz spielte Petr Hejma in der Centerposition als Denker und Lenker, Torschütze und Vorlagengeber grandioses Eishockey.
Fragt man Mitspieler wie Rainer Makatsch („Petr war ein Gretzky-Typ, erprägte eine ganze Epoche“), Otto Schneitberger („Ein perfekter Spieler, technisch top und immer für die Mannschaft da“) – oder Hans Zach, der noch gegen Hejma spielte und ihn später als Trainer bei der DEG ablöste („Technisch ein Klassemann, dazu fair, menschlich vorbildlich“) – bei allen hört man heraus, wie sie nach den passenden Superlativen suchen. Für Walter Köberle, seit 50 Jahren in Düsseldorf, war Hejma nicht nur der beste Stürmer der Liga. Sein Urteil: „Er hat die Buchstaben DEG zum Markenzeichen gemacht.“
Regen wirbelte am Flucht-Tag
den Zeitplan durcheinander
Sicherlich durch einen Fehler in der Auslandsplanung der damaligen CSSR wenige Wochen nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ weilten gleichzeitig Petr und seine frisch angetraute Marta im September 1968 zu Gastspielreisen in Deutschland. Das war ihre Chance, an der zwei Sportredakteure maßgeblich beteiligt waren: Der eine kannte Marta als Weltklassespielerin von großen Tischtennisturnieren und hatte Kontakt zu Wilfried Wegmann, der den DTC Kaiserberg managte, der andere stellte die Verbindung zur DEG her und begleitete das junge Paar zu ersten Gesprächen bei Hans und Lotte Ramroth, den Machern bei der DEG. Er hatte auch Hejmas Reisetasche am Mannschaftsbus von Sparta Prag abgeholt. Nationalspieler Rudolf Sindelar trug ihm dabei Grüße auf: „Sag Petr, er wird unserer Mannschaft sehr fehlen.“
Bis dahin schon hatten Petr und Marta die wohl aufregendsten Stunden ihres Lebens hinter sich. Denn als Marta im Mannschaftsquartier von Sparta Prag am Tag vor dem Gastspiel an der Brehmstraße auftauchte, ahnte Petr noch gar nicht, wozu sie sich schon entschlossen hatte. Natürlich unter der Bedingung, dass er mitmachen würde – nämlich im Westen zu bleiben. Beide erinnern sich an die folgende Nacht, als wäre sie gestern gewesen und nicht vor 53 Jahren. „Wir haben kein Auge zugemacht“, weiß Marta noch. Und Petr ergänzt: „Wir haben diskutiert und diskutiert.“ Bis der Entschluss dann feststand: Ja, wir bleiben.
Beim Turnier in Bad Hönningen hatte Marta riskiert, einen Teamkameraden in ihren Plan einzuweihen. Denn sie war sicher, Petr von ihrer Absicht überzeugen zu können. Sie weiß noch: „Wir Jüngere brauchten unsere Fahrkarten für den Zug nicht zu bezahlen, die Älteren wohl. Da hab‘ ich einem von ihnen meine geschenkt.“ Offiziell hatte sie sich von der Mannschaftsleitung nur einen freien Tag zum Treffen mit ihrem Ehemann genehmigen lassen, was ja auch der Wahrheit entsprach. Nur eben mit besonderer Absicht.
Der Abend, an dem sich Petr Hejma von Sparta Prag absetzte, stürzte alle an der Planung Beteiligten ins zeitliche Chaos. Weil das Spiel an der noch nicht überdachten Brehmstraße im zweiten Drittel wegen Regens abgebrochen wurde, war der Zeitplan über den Haufen geworfen.
Da war Improvisation angesagt, keine leichte Übung in der Zeit, als es noch keine Handys gab. Um so befreiter fiel das Aufatmen aus, als schließlich alle unbehelligt am Treffpunkt, dem Europa Bowling in Stockum, eingetroffen waren.
Dass Petr Hejma nicht drei Monate, wie von Verbandsseite ursprünglich in Aussicht gestellt, sondern zwei volle Saisons vom tschechoslowakischen Verband gesperrt wurde, traf ihn wie ein Keulenschlag. Um sein Leistungsvermögen zu halten, arbeitete er um so härter auf dem Eis. „Oft morgens ab 5“, erzählt er.
Die Hejmas haben im Langzeitgedächtnis auch noch den Besuch der Abordnung aus Prag, die sie zur Rückkehr bewegen sollte. Dazu gehörten Petrs Bruder und Martas Vater. Der trug in Anwesenheit eines Parteifunktionärs seinen Text vor, den man ihm mit auf den Weg gegeben hatte. Marta erinnert sich: „Zwischen den Zeilen hörten wir aber heraus, dass er eigentlich meinte: Ihr habt es richtig gemacht.“ Auch die anonymen Drohbriefe, verfasst mit ausgeschnittenen Buchstaben aus Zeitungen, konnten die Hejmas nicht umstimmen. Dank vieler Helfer, die zu Freunden wurden, fühlten sie sich schnell in ihrer zweiten Heimat im besten Sinn
angekommen.