Interessenvertretung für Pflegeberufe Die Pflegekammer in NRW geht an den Start
Düsseldorf · Nach jahrelangem Hin und Her gibt es in Nordrhein-Westfalen nun eine Interessenvertretung für Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpfleger.
Es gibt die Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern, die Ärzte- oder auch die Anwaltskammern. Und seit Freitag haben wir in NRW auch die Pflegekammer. Sie konstituierte sich in Düsseldorf. Vorangegangen war eine jahrelange Diskussion, ob es dieser Interessenvertretung für die etwa 200 000 Angehörigen der Pflegeberufe in NRW bedarf. Der Landtag hatte eben dies entschieden. Es fanden Kammerwahlen statt, und nun gibt es sie also, die Pflegekammer.
Was soll die Pflegekammer tun?
Sie soll Interessenvertretung sein, wenn über Probleme der Pflege entschieden wird. Sie soll Weiterbildungen durchführen und ihre Mitglieder zu juristischen, fachlichen und berufspolitischen Fragen informieren. Was nicht ihre Aufgabe ist: Gehälter auszuhandeln. Dies ist Job der Gewerkschaft.
Die Kritik an der Pflegekammer
Der Bund der Steuerzahler kritisert, dass die Finanzierung durch das Land mit einer Anschubfinanzierung von 50 Millionen Euro bis zum Jahr 2027 das „Schaufeln eines skandalösen Millionengrabes“ sei. Eine „Steuerverschwendung nach Plan“. Die Landtags-SPD spricht von 32 Millionen Euro Anschubfinanzierung. Kritisiert werden, wie auch bei anderen Kammern, die Zwangsmitgliedschaft und die Zwangsbeiträge. Diese sollen zwar zunächst nur bei fünf Euro pro Monat liegen, aber der Betrag werde sich nach Auslaufen der Landeshilfen nicht mehr halten lassen, wenn die Kammer sich später ohne Landesmittel finanzieren müsse.
Die SPD- und FDP-Opposition im Landtag argumentieren, die Pflegekammer stoße bei den Pflegerinnen und Pflegern auf Skepsis. Das zeige die geringe Zahl derjenigen, die sich bisher als Mitglieder registriert haben. Nämlich gerade einmal die Hälfte aller Pflegekräfte. Auch die geringe Beteiligung an der Wahl zur Kammerversammlung mit 22 Prozent spreche für die Skepsis vieler Pflegekräfte. Es solle eine Urabstimmung unter Pflegerinnen und Pflegern geben, ob diese eine Pflegekammer wünschen. Eine entsprechende Urabstimmung hatte 2021 in Niedersachsen zur Auflösung der dortigen Pflegekammer geführt. Auch wird kritisiert, dass sich der Staat zur Kontrolle und Genehmigung von wichtigen Fragen seiner eigenen Aufgaben entledige und diese auf die Berufsgruppe übertrage, die die Arbeit dann auch noch mit Zwangsbeiträgen finanzieren müsse.
Das sagt der Motor hinter der Idee
Was sagt der Mann, der das Projekt in NRW seit Jahren maßgeblich mit angetrieben hat, zu diesen Vorwürfen? Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kontert bei einer Pressekonferenz am Rande der Kammer-Konstituierung so: Es sei richtig, dass die Kammer demnächst Aufgaben übernehme, die bislang von den Bezirksregierungen erledigt werden. Die Pflege solle über sich selbst entscheiden. Bisher sei es doch so, dass die Pflege nicht mal mit am Tisch sitze, wenn über ihre Belange entschieden werde. Wie etwa der Pflegeschlüssel in einem Altenheim sei, handelten die Pflegekassen und die Einrichtungen miteinander aus. Laumann: „Die kommen mit ihren Ökonomen, aber nicht mit ihren Pflegekräften. Und entscheiden, wie viele Pflegekräfte in der Einrichtung arbeiten. Ich möchte schon gern, dass die Pflege da mit am Tisch sitzt“, sagt Laumann.
Auch im Gemeinsamen Bundesausschuss, in dem die Behandlungsrichtlinien festgelegt werden, säßen nur die Krankenkassen, die Krankenhäuser und die Ärzte. Aber eben bisher nicht die Pflegeberufe. „Kann mir das mal einer erklären?“, fragt Laumann. Die Pflege solle auf Augenhöhe mit den anderen Professionen des Gesundheitswesens zusammenarbeiten. Die verpflichtende Mitgliedschaft müsse sein, wenn staatliche Aufgaben auf die Kammern übertragen werden. Von einer Urabstimmung halte er nichts, die Pflegekammer sei demokratisch legitimiert durch eine Mehrheitsentscheidung des Landtags.