120 Corona-Infektionen Quarantäne-Wohnkomplex in Göttingen - Polizisten mit Eisenstangen und Flaschen beworfen
Göttingen · Die Lage rund um ein wegen Corona-Fällen unter Quarantäne stehendes Hochhaus in Göttingen ist am Samstag eskaliert. Zahlreiche Bewohner griffen Polizeibeamte an und versuchten. Acht Beamte wurden verletzt, drei davon sind vorerst dienstunfähig.
Die Lage rund um ein wegen Corona-Fällen unter Quarantäne stehendes Hochhaus in Göttingen ist am Samstag eskaliert. Zahlreiche Bewohner griffen Polizeibeamte an und versuchten, eine Absperrung zu durchbrechen, wie der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig am Sonntag vor Journalisten sagte. Acht Beamte wurden verletzt, drei davon sind vorerst dienstunfähig.
Der Gebäudekomplex, in dem offiziell rund 700 Menschen wohnen, war am Donnerstag für zunächst sieben Tage unter Quarantäne gestellt worden. Bis zum Freitag waren rund 120 Corona-Infektionen bekannt.
Am Samstag habe sich die Lage nach einigen kleineren Einsätzen zugespitzt. Einsatzkräfte seien mit Flaschen, Steinen, Metallstangen, Holzlatten und Pyrotechnik angegriffen worden, sagte Lührig. Versuche von Bewohnern, einen als Absperrung errichteten Bauzaun zu durchbrechen, wurden nach Angaben des Einsatzleiters Rainer Nolte verhindert. Zeitweise waren demnach knapp 300 Beamte im Einsatz. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung.
Am Samstag wurden nach Aussage der Stadt 320 Bewohner des Quarantäne-Komplexes, deren Ergebnis zunächst negativ war, erneut auf Corona getestet. Wegen einer Demonstration vor dem Wohnkomplex zum Thema "Mietpreiswahnsinn" sei die Testung abgebrochen worden. Die Tests sollten am Sonntag fortgesetzt werden. Ergebnisse werden am Montagabend erwartet.
Ziel dieser erneuten Testungen sei es, die Quarantäne für die Bewohner lockern zu können, sagte der Göttinger Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD). Aus der nahe des Wohnkomplexes laufenden Demonstration heraus habe es Aufrufe gegeben, dass die Bewohner die Wohnanlage verlassen sollten. Dies habe die Lage "mit verschärft", sagte Köhler. Rund 200 Bewohner hätte sich beteiligt, die anderen hätten die Quarantäne weiter befolgt.
Köhler räumte ein, die Quarantäne sei "ein unendlich tiefer Eingriff in die Grundrechte". Das Ziel, die Infektionsketten damit zu unterbrechen, scheine aber erreicht worden zu sein.
Das massive Infektionsgeschehen in dem Hochhauskomplex war durch Tests an zwei Bewohnerinnen entdeckt worden, bei denen im Rahmen einer Routineuntersuchung in einem Krankenhaus eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus festgestellt worden war. Daraufhin starteten Reihentests.
Bereits vor mehr als zwei Wochen hatte Göttingen mit einem massiven Corona-Ausbruch in einem anderen Hochhauskomplex zu kämpfen. Dort hatten sich mehr als hundert Menschen bei privaten Familienfeiern mit dem Virus angesteckt. Alle Schulen in der Stadt wurden vorübergehend wieder geschlossen.