Haushalt Regierung ändert Finanzplanung - bis zu fünf Milliarden neue Schulden

Düsseldorf · Der NRW-Rettungsschirm wurde geschaffen, um die Corona-Folgen zu bewältigen. Kurz vor dessen Auslaufen besorgt sich die Regierung aber noch einmal Milliarden. Der Landesrechnungshof hält das für verfassungswidrig.

NRW-Ministerpräsident Wüst will mit dem Sondervermögen eine Krisenbewältigung schaffen.

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Zur Krisenbewältigung will die schwarz-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen bis zu fünf Milliarden Euro neue Schulden machen. Nach dem Vorwurf eines verfassungswidrigen Vorgehens durch den Landesrechnungshof lässt sie in letzter Minute ihr Vorhaben fallen, Milliarden aus dem Corona-Rettungsschirm für den Landeshaushalt 2023 zu nutzen. Stattdessen soll jetzt nach dem Muster des Corona-Rettungsschirms ein sogenanntes Sondervermögen zur Krisenbewältigung geschaffen werden, wie die Landesregierung am Dienstag in Düsseldorf mitteilte. Zur Umsetzung ist ein zweiter Nachtragshaushalt für das zu Ende gehende Jahr 2022 geplant.

Mit der kurzfristigen Änderung in der Finanzplanung werde ermöglicht, dass einzelne Maßnahmen zur Krisenbewältigung noch Ende dieses Jahres greifen können, betonte die Landesregierung. Die Höhe des sogenannten Sondervermögens zur Krisenbewältigung bezifferte sie nicht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen es bis zu fünf Milliarden Euro sein. Im Corona-Rettungsschirm soll das restliche Geld der Schuldentilgung dienen. Die Landesregierung muss aber bei neuen Krediten mit höheren Zinsen als in der Vergangenheit rechnen.

„Krise braucht Klarheit und Sicherheit für die Menschen“, sagte Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU). Er sprach von einer Notsituation, der nur mit sofort und umfassend wirkenden Investitions- und Hilfsprogrammen begegnet werden könne, um Rezession und Energiekrise zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stabilisieren und soziale Schäden zu vermeiden. „Dabei werden die Hilfsprogramme einerseits bestehende Lücken der Bundeshilfsprogramme der Strom- und Gaspreisbremse sowie der zusätzlichen Härtefallfonds schließen, andererseits mit Blick auf die besondere Situation in Nordrhein-Westfalen aber darüber hinausgehen“, kündigte er an.

Es gehe um Hilfen für Unternehmen, damit sie die schwierige Situation im Winter bewältigen. Es gelte, drohende Produktionsverlagerungen in Länder mit niedrigeren Energiekosten zu verhindern. Dazu müssten kurzfristige Unternehmenshilfen umgesetzt und die Transformation der Wirtschaft beschleunigt werden, um von fossilen Energieträgern unabhängiger zu werden, sagte der NRW-Finanzminister. Darüber hinaus gelte es, Hilfen zu leisten für Bürgerinnen und Bürger, um insbesondere für einkommensschwache Haushalte die Auswirkungen der Energiekrise abzupuffern und die soziale Infrastruktur zu erhalten. Es gehe dabei um den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Die NRW-Regierung will bei den neuen Schulden Ausnahmeregelungen zur Schuldenbremse nutzen. Das Bundesland werde von der Krise härter getroffen als andere, da hier besonders energieintensive Branchen wie die Metallindustrie und die Chemieindustrie von der Energiekrise betroffen seien. Der Einbruch des Wirtschaftswachstums sei in NRW stärker ausgeprägt als in anderen Ländern. NRW steht mit diesem Kurs aber auch nicht allein: So will Bremen trotz Schuldenbremse weitere Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen, um Klimaschutzziele zu erreichen und die Energiekrise in Folge des Ukrainekriegs abzumildern. In Sachsen-Anhalt sieht der Haushaltsentwurf der Regierung für 2023 eine konjunkturbedingte Nettokreditaufnahme von 273 Millionen Euro vor.

Der Landesrechnungshof hat den Haushaltsplan 2023 der NRW-Regierung scharf kritisiert. Obwohl klar sei, dass der Corona-Rettungsschirm zum Jahresende auslaufe, habe sich die Regierung in den vergangenen Wochen 4,15 Milliarden Euro besorgt. Diese Summe könne sie bis Jahresende niemals für Corona-Maßnahmen ausgeben, sagte Präsidentin Brigitte Mandt der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Was Ende 2022 noch an Geldern da sei, müsse für die Schuldentilgung eingesetzt werden. Eine kreditfinanzierte Rücklage für das nächste Jahr sei mit diesen Geldern nicht möglich. Solche Praktiken habe das Verfassungsgericht früher schon als „grundsätzlich verfassungswidrig“ eingestuft.

SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty warf der NRW-Landesregierung, die unter dem Deckmantel des Corona-Rettungsschirms neue Kredite für den geplanten Landeshaushalt 2023 aufgenommen habe, Vertrauensbruch und Taschenspielertricks vor. In anderen Bundesländern gebe es hingegen längst Hilfen für die Bürger. Kutschaty nannte als Bedingung dafür, dass die SPD das neue Sondervermögen im Parlament mitträgt, eine Mitsprachemöglichkeit bei den Ausgaben. Diesmal müssten Vorschläge der Opposition Berücksichtigung finden. Das sei beim Sondervermögen für den Corona-Rettungsschirm von bis zu 25 Milliarden Euro, das 2020 breit gebilligt worden sei, letztlich nicht der Fall gewesen.

(dpa)