Bayer beantragt TDI-Anlage
Konzern reicht Unterlagen zur Genehmigung bei Bezirksregierung in Köln ein.
Dormagen. Eine Matratze aus Schaumstoff, ein bequemer Bürostuhl oder ein rückenschonender Autositz — wer entspannt liegen oder angenehm sitzen will, kommt an Weichschäumen nicht vorbei. Bayer Material Science (BMS) investiert in Dormagen rund 150 Millionen Euro in eine neue Großanlage, in der ab Anfang 2014 der Weichschaum-Rohstoff TDI (Toluylendiisocyanat) produziert werden soll.
20 Aktenordner mit den erforderlichen Gutachten, Planzeichnungen und einer Umweltverträglichkeitsprüfung durch den Tüv Süd hat Bayer im April bei der Bezirksregierung Köln als Genehmigungsbehörde eingereicht. Bis Jahresende wird mit einer Entscheidung gerechnet.
Die Chemikalie TDI wurde von Bayer entwickelt, seit 1964 wird sie in Dormagen hergestellt. Das Produkt gehört zu den wichtigsten Erzeugnissen der Kunststoff-Sparte Material Science. „In den vergangenen Jahren hat sich der Verbrauch mehr als verzehnfacht, die Nachfrage wird langfristig weiter steigen“, sagt Chempark-Leiter Walter Leidinger und spricht von einem Meilenstein in der Entwicklung des Chemparks.
Er geht davon aus, dass auch in Zukunft weiche Schaumstoffe aus Polyurethan weltweit in großen Mengen verwendet werden. Die Investition passe hervorragend in den Stoffverbund und in eine gut funktionierende Infrastruktur.
Die neue Anlage auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks im Chempark wird die älteren Anlagen in Dormagen und Brunsbüttel ersetzen. Die Kapazität soll bei rund 300 000 Tonnen im Jahr liegen. „Wir sind mit der Technik jetzt schon so weit, dass wir anfangen könnten zu bauen, wenn wir die Genehmigung hätten“, sagt Dieter Kuhne, Leiter der TDI-Produktion.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung mit einem Radius von drei Kilometern endete bei den untersuchten Parametern (Abluft, Lärm, Abwasser, etc.) mit dem Ergebnis, dass die Zusatzbelastungen unter den Richtwerten liegen.
Der Konzern setzt bei seinem ambitionierten Millionenprojekt auf eine selbst entwickelte Technologie, die ebenso in Texas und Shanghai zum Einsatz kommt und jetzt „reimportiert wird“. Das neue Verfahren benötigt laut Bayer weniger Prozessschritte, bis zu 80 Prozent weniger Lösungsmittel und rund 60 Prozent weniger Energie als eine herkömmliche Anlage gleicher Kapazität.
Zugleich werde der Co2-Ausstoß um 60 000 Tonnen pro Jahr reduziert. Die so genannte Gasphasen-Technologie wird im Chempark bereits seit Mitte 2004 in einer Pilotanlage angewendet, die bisher zirka 30 000 Jahrestonnen des Schaumstoffs produziert.
Bei der TDI-Produktion fällt als Koppelprodukt automatisch Salzsäure an. Ein Drittel der 270 000 Jahrestonnen wird in die Anlage zurückgeführt, zwei Drittel werden weiterverkauft. Nur im Ausnahmefall werde die Salzsäure neutralisiert und nach der Umwandlung in Kochsalz in den Rhein geleitet.
60 Mitarbeiter sind in der Vorbereitungsphase in das Großprojekt eingebunden. 30 arbeiten künftig im Schichtdienst, 15 Arbeitskräfte werden zusätzlich eingestellt. Auf die Sicherheitsstandards wird großer Wert gelegt, sagt Kuhne: „Hochsensible Messfühler nehmen jede Veränderung sofort wahr und melden sie an die Messwarte.“
Die Anlage könne auf Knopfdruck abgeschaltet werden. Das Herzstück werde mit einer Einhausung umgeben, das giftige Gas Phosgen werde ohne Lagerung sofort weiterverarbeitet. „Zum Brandschutz hat die Anlage auf allen Etagen eine Sprühwasserlöschanlage.“
Das Genehmigungsverfahren ist öffentlich, Sicherheitsvorkehrungen einer Anlage zur TDI-Produktion sind besonders streng und regeln sich nach der Störfallregelung. Vom 30. Mai bis 29. Juni liegen die Unterlagen in den Kommunen und bei der Bezirksregierung aus.