Kekse backen — damals und heute
Am Sonntag startet im Kreismuseum eine Ausstellung mit rund 300 Ausstech- und Backformen.
Dormagen. Schon beim Blick auf die Einladung prallen Jahrhunderte aufeinander: Eine detailgetreue hölzerne Prägeform des Heiligen Nikolaus trifft auf das in Edelstahl gewundene @-Zeichen. Beides sind Ausstechvorlagen für Gebäck und zwei von rund 300 Exponaten, die das Kreismuseum ab Sonntag in der bis zum 6. Januar laufenden Schau „Gebäck Formen“ zeigt.
Das Haus an der Zonser Schloßstraße ist bekannt dafür, Alltagsgegenstände aus unerwarteten, nicht alltäglichen Perspektiven zu zeigen. Auch jetzt wird Handwerkszeug wieder zum Kunstgegenstand. Das Museumsteam aus Angelika Riemann und Anna-Karina Hahn arrangiert künstlerisch hochwertige Holzmodel — der Oberbegriff für die hölzernen Formen soll sich vom lateinischen Wort „Modus“ für Maß herleiten — und Pralinenformen aus Keramik und Stahl neben den heute bekannten Ausstechformen aus Metall und Kunststoff.
„Die Bandbreite ist sehr groß und sie zeigt: Schönheit spielt eine Rolle im Alltag, damals wie heute“, sagt Angelika Riemann beim Blick in die Vitrinen. Den historischen Teil der Schau bildet die Sammlung des Kölners Ansgar Fütterer. Als einer von 19 Leihgebern präsentiert er mehr als 100 Spekulatius-, Printen- und Marzipanmodel mit einer Vielfalt von Motiven, deren Symbolgehalt sich oft nur mit historischem Wissen erschließt.
Blumenmotive etwa brachte erst der Biedermeier zu Beginn des 19. Jahrhunderts hervor. Die Darstellung des an Jesus angelehnten gewickelten Kindes aber ist über 100 Jahre älter, wie auch heute noch der Christstollen in Form und Größe an das Christkind erinnern soll. „Lebkuchen- und Printenformen waren aus Obsthölzern, meist Birne, gemacht, denn die können Feuchtigkeit am besten vertragen“, erläutert Angelika Riemann.
Motive wie das Verlobungsherz und das Wappen Leopolds I. kamen nur an Festtagen auf den Tisch, während andere nie den Weg in die Küche fanden und stattdessen als Wandschmuck dienten. Ob das Model des Kurfürsten Jan Wellem jemals mit Teig gefüllt wurde, ist ungewiss. „Ich weiß aber, dass der Kölner Sammler diese Form gerne verkaufen will, damit sie wieder nach Düsseldorf kommt“, sagt Riemann und lacht.
Die Museumsleiterin spricht von einer Schau, „an der man sich im doppelten Sinne nicht sattsehen kann“, und freut sich auf die Interaktion mit den Besuchern. Wer die Ausstellung visuell konsumiert hat, kann im Obergeschoss seinen Geruchssinn aktivieren. Dort stellt die Gewürzmühle Engels aus Neuss mehrere Gläser mit für die Bäckerei typischen Gewürzen bereit, die es zu erschnuppern gilt. Zwei Vitrinen gefüllt mit Nüssen, Sternanis, Vanilleschoten oder getrockneten Früchten machen Lust, selbst zu Teigrolle und Ausstechformen zu greifen.
Und sogar dafür liefert das Museumsteam die Anleitung. Anna-Karina Hahn hat mit Unterstützung der Landfrauen im Rhein-Kreis Neuss und dem Seniorenhaus Lindenhof in Grevenbroich ein Rezeptheft zusammengestellt, das an der Museumskasse erhältlich ist.