Tragisches Ende im Totschlag-Prozess Angeklagter erhängt sich vor der Urteilsverkündung in seiner Zelle

Grevenbroich · Christian R. wurde am Montagmorgen tot in der Justizvollzugsanstalt Willich I gefunden. Zu dem geplanten Prozess kam es daher nicht mehr.

 Der Angeklagte mit seinem Anwalt am letzten Prozesstag.

Der Angeklagte mit seinem Anwalt am letzten Prozesstag.

Foto: Marc Pesch

Der Prozess um den Fund einer Frauenleiche im Elsbachtal in Grevenbroich hat ein tragisches Ende genommen. Zur geplanten Urteilsverkündung am Landgericht Mönchengladbach kam es am Montag nicht, der Angeklagte Christian R. hatte sich zuvor in seiner Einzelzelle in der Justizvollzugsanstalt Willich I erhängt.

Letztlich konnte und wollte der 40-Jährige wohl mit seiner Schuld nicht mehr leben. „Beim Frühaufschluss um 6.15 Uhr ist er am Morgen tot in seiner Zelle gefunden worden“, sagt Ralf Herrenbrück, Pressesprecher des NRW-Justizministeriums. „Er hatte sich erhängt.“ Laut Herrenbrück galt Christian R. nicht als suizidgefährdet.

Damit endet ein Fall, der von Anfang bis Ende kaum an Dramatik zu überbieten war. Die Tat selbst war Anfang März das Ende eines Beziehungsdramas. Christian R. und sein späteres Opfer Shannon Y. galten anfangs als „Traumpaar“, beide zogen zusammen, begannen aber immer häufiger zu streiten. Beide hatten viele Probleme auch außerhalb der Beziehung. Die beiden Kinder von Shannon Y. standen unter der Obhut des Jugendamtes, auch der Angeklagte konnte sein Kind, das er mit einer früheren Lebensgefährtin aus Neuss hatte, nur selten sehen. Dazu kamen zumindest phasenweise Drogenprobleme.

Um Geld zu verdienen, arbeitete Shannon Y. trotz ihrer neuen Beziehung zeitweise als Prostituierte. „Sie wollte ihren Kindern etwas bieten, hatte zu wenig Unterstützung von den Behörden“, hatte ihre dazu erklärt, „sie war deshalb kein schlechter Mensch, nur weil sie in die Prostitutionsszene abgerutscht war.“ Zeitweise ließ sie sich sogar von dem 40-Jährigen zu ihren Freiern fahren. Später wurde die 26 Jahre alte Frau dann schwanger.

Am Tattag Anfang März war es in der gemeinsamen Wohnung erneut zu einem heftigen und letztlich tödlichen Streit gekommen. Aus Eifersucht hatte Shannon Y. ihrem Freund Vorhaltungen gemacht, letztlich erwürgte er sie und versteckte die Leiche einige Tage später – verpackt in Müllsäcke und Bettlaken – im Elsbachtal in Grevenbroich. Danach versuchte er, die Tat zu vertuschen. So schrieb er Whatsapp-Nachrichten im Namen der Toten und behauptete gegenüber ihrer Familie, sie habe ihn verlassen, er wisse nicht, wo sie sei.

Anfang Mai offenbarte er sich dann einer Freundin aus Neuss, die wiederum informierte die Polizei. Der Mann stellte sich und führte die Ermittler zur Leiche von Shannon Y. Im Prozess legte er direkt zu Beginn im Oktober ein umfassendes Geständnis ab. In seinem „letzten Wort“ am vergangenen Donnerstag entschuldigte er sich nochmals bei den Angehörigen für seine Tat. Die Mutter und Schwester der Toten nahmen ihm diese Reue aber nicht ab. „Für sowas gibt es keine Entschuldigung“, erklärten beide danach, „er hat sich nur entsprechend geäußert, um ein milderes Urteil zu bekommen.“

Die Staatsanwaltschaft hatte zehneinhalb Jahre Haft gefordert

Mit dem Selbstmord von Christian R. endet das Totschlags-Verfahren am Landgericht Mönchengladbach ohne Urteil. Die Staatsanwaltschaft hatte zehneinhalb Jahre Haft gefordert. Es gilt als wahrscheinlich, dass der zuständige Richter Lothar Beckers eine Strafe in diesem Bereich verkündet hätte. Am Ende wollte sich der 40-Jährige dem Urteil nicht mehr stellen.

Nach Angaben des NRW-Justizministeriums war es der erste Selbstmord in einem nordrhein-westfälischen Gefängnis in diesem Jahr. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Suizide hinter Gittern stark angestiegen. Hatten sich 2019 noch insgesamt elf Häftlinge in den Gefängnissen im Land umgebracht, waren es 2020 schon 23. „Hier hat Corona sicherlich das Übrige getan“, so Herrenbrück. „Die Gefangenen waren oft isoliert und durften seltener Besuch empfangen.“