Schock für die Gemeinde St. Maria Himmelfahrt Altenheim-Schließung ist entschieden

Gustorf. · Der Kirchenvorstand nennt gesetzliche und finanzielle Anforderungen als Grund. 90 Mitarbeiter fürchten um ihren Job.

 Das Haus ist in den 1970er Jahren gebaut worden und müsste laut Susanne Burkhart vom Vorstandsteam für acht Millionen Euro saniert werden.

Das Haus ist in den 1970er Jahren gebaut worden und müsste laut Susanne Burkhart vom Vorstandsteam für acht Millionen Euro saniert werden.

Foto: Dieter Staniek

Der Gustorfer Kirchenvorstand hat sich für die Schließung des Seniorenstifts St. Josef entschieden. Demnach soll das Haus am 30. Juni 2020 aufgegeben werden. Darüber wurden die 80 Bewohner und 90 Mitarbeiter am Mittwoch informiert. „Gemeinsam mit der Heimaufsicht soll nun das weitere Verfahren geplant werden“, sagt der leitende Pfarrer Meik Schirpenbach. Zurzeit gehe der Kirchenvorstand davon aus, dass sowohl Senioren als auch Personal „gute Alternativen angeboten werden können“. Welche, ist allerdings noch unklar.

Das Seniorenstift St. Josef ist eines der wenigen Altenheime im Rheinland, die sich noch in kirchengemeindlicher Trägerschaft befinden. Die gesetzlichen und finanziellen Anforderungen seien in den vergangenen Jahren gestiegen, sagt Schirpenbach. Vor allem Forderungen aus dem Wohn- und Teilhabegesetz hätten dafür gesorgt, „dass ein wirtschaftlicher Betrieb durch die Kirchengemeinde nicht mehr gewährleistet werden kann“.

Augustiner, CBT und die Caritas hätten kein Interesse gehabt

Etwa um 2010 hatte der Kirchenvorstand geplant, das in den 70er Jahren errichtete Haus umzubauen. Mit der Zeit sei klar geworden, dass das finanziell nicht zu stemmen sei, sagt Vizevorsitzende Susanne Burkhart, die Kosten von acht Millionen Euro nennt. Seit 2015/16 suche das Gremium einen anderen Träger zur Übernahme. Es sei mit den Augustinern, der CBT und der Caritas verhandelt worden. „Alle sind abgesprungen“, sagt Schirpenbach.

 Das Gustorfer Altenheim blickt auf eine lange Tradition zurück. Eine Spende von Franz-Josef Sinsteden hatte 1884 den Bau des ersten Hauses möglich gemacht. „Es fällt uns als Kirchengemeinde schwer, nach mehr als 100 Jahren dieses Engagement aufzugeben“, sagt Meik Schirpenbach: „Es ist eine Katastrophe für unsere Gustorfer Gemeinde und für mich als Pfarrer.“

Bei den Versammlungen von Mitarbeitern, Bewohnern und Angehörigen wurde aber klar: Kampflos aufgeben wollen die Gustorfer ihr Heim nicht. Das Haus und sein Personal genießen einen ausgezeichneten Ruf, St. Josef hat einen hohen Qualitätsstandard, die Bewohner fühlen sich dort wohl – und das soll so bleiben. In den teilweise unter Tränen geführten Gesprächsrunden wurde dem Kirchenvorstand vor allem Versagen vorgeworfen, er habe nicht ausreichend für das Altenheim gekämpft. Dazu ist aber die Gemeinde bereit: Beschäftigte, Bewohner, deren Angehörige und andere wollen sich nun für den Erhalt des Hauses einsetzen.

Die Federführung im Kampf um St. Josef wird Christoph Lesinski von der Pflegedienstleitung übernehmen, gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Spytek. Um richtig in die Materie einsteigen zu können, brauchen die beiden zunächst aber einmal Zahlen, Daten und Fakten, die der auffällig unvorbereitete und zudem unvollständig erschienene Kirchenvorstand am Mittwochnachmittag nicht liefern konnte – oder wollte. „Zurzeit ist nicht einmal klar, was aus dem Personal werden soll“, sagt Lesinski. Alleine 40 Mitarbeiter seien länger als 15 Jahre im Altenheim tätig, „das spricht für das Haus“. Auch für die Senioren, die an der Dunantstraße eine große Gemeinschaft bilden und die nicht auseinandergerissen werden möchten, gibt es noch keine Lösung. „Die Schließung wird für viele hier den Tod bedeuten“, prophezeite eine Mitarbeiterin.

Prominentester Bewohner des Hauses ist Pfarrer Harrie de Zwart, der jahrzehntelang in Gustorf wirkte. In der Kapelle des Altenheims liest er noch einmal wöchentlich die Messe. Mit der Schließung des Seniorenstifts würde der hochbetagte Geistliche nach seiner Berufung nach Malmedy schon zum zweiten Mal aus Gustorf „verbannt“.