Grevenbroich: Tagebau Garzweiler Ein Plan für die Artenvielfalt

Grevenbroich. · Der RWE-Konzern und die Forschungsstelle Rekultivierung werden jetzt zur Förderung der Artenvielfalt von Experten unterstützt.

Blühender Mohn und andere Gewächse an den Feldrändern sollen die Artenvielfalt vor allem auch auf rekultivierten Flächen fördern.

Foto: Gundhild Tillmanns

Nicht mehr nach dem Zufallsprinzip, sondern mit einer regelrechten Strategie soll jetzt die Rekultivierung der Tagebaufolgelandschaft betrieben werden. Das Ziel ist die sogenannte Biodiversität oder Artenvielfalt - das existenzielle Anliegen schlechthin angesichts des Klimawandels und der durch den Menschen verursachten negativen Veränderungen der Lebensräume: Das hätten RWE Power und insbesondere die Forschungsstelle Rekultivierung erkannt, wie Forschungsstellenleiter Gregor Eßer und Michael Eyll-Vetter, der Leiter der Sparte Tagebauentwicklung, betonen. Fachverstand und Engagement haben sie sich für die Umsetzung ihrer Strategie zur Biodiversitätsförderung aus Grevenbroich geholt: Norbert Wolf, Ornithologe, Naturfotograf, städtischer Umweltexperte und penibler Beobachter und Dokumentator der Vogelarten im Gebiet des Tagebaus Garzweiler, unterstützt das Projekt.

Experte: 150 Vogelarten
befinden sich im Tagebaugebiet

Die Rekultivierung ehemaliger Tagebaubereiche führe von Anfang an zu wesentlichen Zugewinnen für Flora und Fauna, sagt Eyll-Vetter. Die Schaffung einer völlig neuen, dauerhaften Landschaft sei die Chance, die RWE nutze, um ökologisch bemerkenswerte Lebensräume für spezielle Tier- und Pflanzenarten anzulegen und zu pflegen, betont der Tagebauplaner. RWE Power habe bereits große Erfolge für die Biodiversität erzielt, die der rheinischen Rekultivierung unter den Fachleuten in aller Welt einen sehr guten Ruf eingetragen habe. Dazu soll jetzt aber ein systematischer, strategischer Ansatz mit zehn klar definierten Leitzielen kommen, wozu auch das Monitoring der Artenvielfalt, also die Kontrolle und Dokumentation gehören sollen. Gregor Eßer freut sich dabei über die Unterstützung durch viele Ehrenamtler, durch die Vernetzung der Forschungsstelle mit Natur- und Umweltschutzverbänden, aber auch durch Universitäten. Er stellt fest: „Die Universitäten erkennen immer mehr die Möglichkeiten, die wir ihnen hier wie in einem Freiluftlabor bieten.“

In ihrer Rekultivierungsarbeit bestätigt fühlen sich RWE und die Forschungstelle vor allem auch durch die ornithologischen Beobachtungsergebnisse von Norbert Wolf. „In ganz Nordrhein Westfalen gibt es keine Grauammern mehr. Aber im Tagebau Garzeiler habe ich eine ganze Population entdeckt“, berichtet der Umweltexperte, der insgesamt 150 Vogelarten, vornehmlich im Tagebaugebiet zwischen Grevenbroich und Jüchen, dokumentiert hat. Wolf weiß aber auch, wie wichtig zum Beispiel die Luzerne ist, die RWE bislang nur für die ersten drei Jahre zur Vorbereitung des Neulandes auf die künftigen landwirtschaftlichen Flächen setzt: „Luzerne ergibt ein hochwirksames Heu“, rät er „den vielen Pferdebesitzern in der Region“. Da aber das Vorkommen der Grauammer exakt von der Luzerne abhänge, werde RWE künftig vermehrt Luzerne anbauen und auch bei der späteren Zwischenbewirtschaftung noch zusätzliche Lurzernestreifen angelegt werden, zieht Gregor Eßer die Konsequenz aus den Empfehlungen.

Die Strategie zur Schaffung und vor allem auch zu nachhaltigen Sicherung der Artenvielfalt bezieht sich auf den Wald, das Offenland und die Gewässer. Mit einer scheinbar einfachen Methode soll die Biodiversität erzielt und gefördert werden: Für sogenannte Leitarten wird der passende Lebens- und Nahrungsraum geschaffen. Wenn sich also die Ringelnatter als stärkste Amphibienart im Feuchtgebiet oder der Steinschmätzer als „Leit-Vogel“ im Trockenland ansiedeln, werden weitere Arten nahezu automatisch nachgezogen, wie Gregor Eßer das Prinzip erklärt.

Die Strategie zur Biodiversität gehe über die gesetzlich geregelte Wiederherstellungsleistung hinaus, betont der Tagebauleiter. Außerdem fuße sie auf den Empfehlungen von Bund und Land sowie der Weltnaturschutzunion IUCN.

Zu den insgesamt zehn Leitzielen dieser Strategie gehört auch die Rekultivierung von naturnahen Wäldern, wobei laut Eßer auf standortgerechte, heimische Gehölze wie Eichen Wert qelegt werden soll. Die schnell wachsenden Pappeln sollen nur noch für die ersten Jahre als Schattenspender dienen und später möglicherweise als Totholz.