Pläne des Erftverbandes Erft-Umbau erfolgt früher als geplant
Grevenbroich. · Bei Umbau und Renaturierung der Erft muss der Turbo eingelegt werden. Der Grund ist das frühere Aus für die Braunkohle.
Auf Jahrzehnte angelegt war das Perspektivkonzept des Erftverbandes für die naturnahe Umgestaltung des Flusses. 2045 sollte die Erft in insgesamt 23 Abschnitten von Bergheim-Thorr bis zur Mündung in Neuss umgebaut sein. Jetzt muss alles deutlich schneller gehen, aus Jahrzehnten werden Jahre. Voraussichtlich bereits 2030 wird der Fluss an vielen Stellen anders aussehen als heute. Gleich für vier Abschnitte im Grevenbroicher Stadtgebiet will der Verband mit Sitz in Bergheim in diesem Jahr mit der Planung starten.
„Wir rechnen damit, dass uns für den Umbau nur noch die Hälfte der früher veranschlagten Zeit bleibt“, sagt Christian Gattke, Leiter der Abteilung Flussgebietsbewirtschaftung beim Erftverband. Der Grund: Die Erft wird überwiegend aus Sümpfungswässern des Braunkohletagebaus Hambach gespeist. „RWE leitet etwa sechs bis sieben Kubikmeter in der Sekunde ein“, erläutert Gattke.
Erftverband rechnet mit Tagebauschließung im Jahr 2030
Ursprünglich sollte der Tagebau Hambach bis 2045 laufen, angesichts des Klimawandels hat die Kohlekommission ein Aus für alle Braunkohlekraftwerke bis 2038 vorgeschlagen. Der Erftverband rechnet damit, dass der Tagebau bereits 2030 schließt, um den Hambacher Forst zu erhalten. Danach würde die Erft im Mittel nur noch circa drei statt der heutigen zehn Kubikmeter/Sekunde führen. „Wenn wir nicht handeln würden, wäre nicht auszuschließen, dass es dann zum Sauerstoffdefizit und Fischsterben kommen und es stinken würde“, erläutert Gattke den Handlungsbedarf.
Der Verband erstellt nun einen neuen Umsetzungszeitplan. „Ursprünglich wollten wir in Grevenbroich Mitte der 2020er Jahre in die Planung einsteigen und in den 30er Jahren bauen, nun müssen wir bereits Mitte der 20er mit der Realisierung beginnen.“ Für den Abschnitt von der Apfelwiese bis nördlich der K 10 „haben wir bereits erste Abstimmungsgespräche mit dem Rhein-Kreis Neuss, der Bezirksregierung und der Stadt geführt“.
Geplant ist dort, die Erft in zwei großen Schleifen mäandern zu lassen. Dort und in den anderen Bereichen soll der Fluss mit Flachwasserzonen und Röhricht Heimat für mehr Fische und Vögel werden. „Die Grevenbroicher erwartet nach dem Umbau eine schöne, naturnahe Erft“, sagt Gattke. Wie dies aussehen wird, kann entlang der Frimmersdorfer Höhe betrachtet werden – dort wurde der Fluss auf mehreren hundert Metern bereits „entfesselt“, wurde die Uferbefestigung beseitigt. Ebenfalls geplant ist, die Stauwehre an der Erft zu umgehen oder – an der Schwarzen Brücke – aufzugeben. Auf diese Weise sollen Fische Wandermöglichkeiten erhalten.
Verband will die Grevenbroicher ins Verfahren einbeziehen
Wegen der künftig geringeren Wassermenge wird das Flussprofil verkleinert. Der Erft-Abschnitt nördlich der Apfelwiese soll bereits bis 2025 fertig sein. Danach werden die drei flussabwärts gelegenen Abschnitte von Wevelinghoven bis kurz hinter die Neusser Stadtgrenze angepackt. Für diese Etappen wird der Erftverband dieses Jahr Abstimmungsgepräche führen. Das Flurbereinigungsverfahren für Teile dieses Erft-Bereichs läuft bereits.
Trotz der größeren Eile will der Verband die Grevenbroicher intensiv einbeziehen. Nach Auskunft von Christian Gattke ist nach der Trassenabstimmung eine Bürger-Information geplant. „In Euskirchen haben wir damit gute Erfahrungen gemacht. Dort haben wir einen neuen Verlauf der Flusstrasse mit Flattterband abgesteckt, damit sich die Menschen ein Bild machen konnten.“ Bestandteil des späteren Planfeststellungsverfahrens ist zudem eine Öffentlichkeitsbeteiligung. Diskussionsbedarf wird wohl in Wevelinghoven bestehen. Dort möchte der Erftverband das Gewässer ins so genannte Taltiefste verlegen – vom Ort weg. Bereits vor elf Jahren machten viele Gartenstädter deutlich, dass die Erft weiter am Ort fließen solle. „Wir werden prüfen, ob wir mit einem Teil des Wassers den bisherigen Flusslauf versorgen können.“
Vom Vitusgraben etwa würde wohl aber nur ein kleiner Bach bleiben. Und Gattke befürchtet, dass in trockenen Sommern die Wassermenge nicht ausreicht. Der Verband wolle mit Stadt und Bürgern eine Lösung finden, betont er.
In einem zweiten Schritt will der Erftverband die Erft im Bereich der Innenstadt – der Flutgraben soll erhalten bleiben – und im Bend bis Gindorf anpacken. „Dort überlegen wir, die Erft im Rahmen des bisherigen Flussverlaufs umzugestalten“ sagt Gattke. Die Planung für diese beiden Etappen sollen Mitte der 2020er Jahre starten.