Kanalbau in Grevenbroich Weltkriegs-Bunker vor Abriss untersucht

Frimmersdorf. · Vor rund anderthalb Wochen wurde die Konstruktion aus Eisen und Beton bei Kanalarbeiten entdeckt. Heute wird der Bunker abgerissen. Experten haben ihn vorher vermessen und dokumentiert.

Der in Frimmersdorf entdeckte Bunker wurde am Montag zum letzten Mal unter die Lupe genommen.

Foto: Dieter Staniek

Ein bei Schachtarbeiten entdeckter Weltkriegs-Bunker hat den Kanalbau in Frimmersdorf lahmgelegt. Gut anderthalb Wochen nach ihrer Entdeckung wird die Konstruktion aus Beton und Eisen am Dienstag abgerissen. Bevor der Bagger mit Meißel und Zange anrückt, haben Mitglieder des Vereins „Luftschutzanlagen Rhein-Kreis Neuss“ die unterirdische Anlage dokumentiert. Nach ersten Erkenntnissen der Experten bot sie etwa 80 Menschen einen Unterschlupf bei Fliegeralarm.

Bunker ist offenbar ab
Sommer 1943 entstanden

Der Einstieg ist nicht leicht. Etwa zwei Meter tief unter der Fahrbahndecke der Straße „Am Stüßges End“ haben Bauarbeiter eine Öffnung in die etwa 1,20 Meter dicke Betonwand geschlagen. An vielen Stellen ragen Moniereisen heraus, da ist Vorsicht angesagt. Unten angekommen, fällt den Forschern um Jörn Esposito und Stefan Rosellen eines sofort auf: „Der Bunker ist in Kammerbauart entstanden.“ Ein Hauptgang mit einer Deckenhöhe von zwei Metern führt zu insgesamt acht Räumen, jeder etwa zehn Quadratmeter groß. Mit Hilfe von Lasertechnik geben sich die Vereinsmitglieder an das Vermessen der unterirdischen Anlage, in der relativ warme Temperaturen herrschen. Um die acht Grad Celsius.

Aus dem Boden und den Wänden ragen Kabel, sie führen zu Verteilen und Lichtschaltern aus Bakelit. Auf der Erde liegen Reste der ehemaligen Beleuchtung. „Die Anlage war gut ausgestattet – mit sehr viel Eisen und dicken Stromkabeln“, urteilt Stefan Rosellen. Der Grevenbroicher vermutet, dass der Bunker von einer Firma errichtet wurde, möglicherweise im Auftrag der Gemeinde. „Um Nachbarschaftshilfe wird es sich nicht gehandelt haben“, meint er. Dafür sei die Qualität des Betonbauwerks zu hoch.

Die Luftschutzanlage hatte zwei Eingänge und einen Notausgang, sie sind verschüttet beziehungsweise mit rostigen Eisentüren versehen. Auf einem der Verschläge ist ein verwittertes Firmenschild des Herstellers aus „Düsseldorf/Neuss“ zu sehen. Hinweise auf ein Entstehungsdatum liefert die Plakette augenscheinlich aber nicht. Auf jeden Fall muss der Bunker ab Sommer 1943 entstanden sein, „vorher war der Bau von Luftschutzanlagen im ländlichen Raum verboten“, sagt Stefan Rosellen.

Der kreisweit aktive Verein will jetzt Näheres über die Luftschutzanlage erfahren, wertvolle Hinweise könnte die Schulchronik liefern – oder auch Zeitzeugen, wenn es sie noch gibt. Vielleicht lässt sich dabei auch die Frage lösen, warum der Bunker direkt unter der Straße gebaut wurde, die es schon 1936 gab. „Die Lage ist sehr ungewöhnlich“, sagt Jörn Esposito. Nachdem die unterirdische Welt dokumentiert wurde, geht es am Dienstagmorgen an den Abriss. „Zunächst wird die Deckenplatte abgetragen, danach wird die gesamte Anlage so weit wegbaggern, dass wir mit den Rohren durchkommen“, schildert Torsten Küpper von städtischen Gesellschaft für Wirtschaftsdienste (GWG). Der Rest soll mit Flüssigboden verfüllt werden.

Vor Kanalbau-Projekten werden zwar Luftbilder ausgewertet, um eventuelle Bomben-Blindgänger ausfindig zu machen – doch: „Zivilschutzanlagen sind auf solchen Bildern nicht verzeichnet“, sagt Küpper. Insofern sei der vor kurzem entdeckte Bunker unter der zentralen Straßenkreuzung eine Überraschung gewesen. Ursprünglich wollten die GWG vier bis fünf Wochen nach dem Baubeginn am 6. Januar die Arbeiten dort beenden. „Dies wird nun etwas länger dauern“, sagt Küpper.