Nächtlicher Großeinsatz in Grevenbroich Feuer wütet in Tiefgarage

Update | Wevelinghoven · Ein Brand unter einem Hochhaus-Komplex in Wevelinghoven in der Nacht zu Mittwoch ließ sich nur schwer löschen. Drei Hausbewohner atmeten Rauchgas ein. 22 Autos wurden beschädigt, vier sind komplett ausgebrannt. Die Polizei ermittelt jetzt wegen Brandstiftung.

Ein Blick in die Tiefgarage offenbart das Ausmaß der Zerstörung: Auf allen Oberflächen klebt eine pechschwarze Rußschicht.

Foto: Kandzorra, Christian

Es ist kurz vor 2 Uhr am frühen Mittwochmorgen, als Beamte der Kripo am Lerchenweg eintreffen. Mit Kreisbrandmeister Norbert Lange und Feuerwehr-Chef Udo Lennartz begeben sich die Ermittler ins tiefe Schwarz. Unter den Mehrfamilienhäusern 17 bis 21 bietet sich ihnen ein Bild der Verwüstung: Alles ist mit einer Rußschicht bedeckt – 22 Autos, zudem ein Motorrad, Fahrräder, die Wände, die Decke, der Fußboden. Geschmolzene Lampen und Kabel hängen wie Eiszapfen von der Decke. Mittendrin: vier Autos, von denen nur noch Gerippe übriggeblieben sind. Sie sind bis aufs Blech ausgebrannt. Es stinkt nach verbranntem Kunststoff, nach Gummi. An der Zufahrt dröhnen lautstark zwei Überdruck-Lüfter, die den letzten Rauch aus der Tiefgarage blasen.

Die Zerstörung in der rund 800 Quadratmeter großen Garage offenbart, wie das Feuer dort noch wenige Minuten zuvor gewütet haben muss. Vor dem Löschangriff soll die Temperatur allein der Betonwände laut Feuerwehr 160 Grad Celsius betragen haben.

Bewohner fällt schwarzer Rauch in der Tiefgarage auf

Gegen 23.30 Uhr war einem Bewohner dichter schwarzer Rauch aufgefallen, der meterhoch aus der Tiefgarage quoll. Er rief die Feuerwehr, die gleich mit mehreren Einheiten anrückte. Schnell gab es eine Alarmstufenerhöhung. „Als wir eintrafen, stieg dichter Rauch aus allen Zugängen und aus den Lüftungsschächten“, sagt Einsatzleiter Paul Faßbender. Er war einer der ersten Retter am Lerchenweg. Rasch wurden zwei Trupps unter Atemschutz in die Tiefgarage geschickt, berichtet er. Durch die massive Hitze und den starken Rauch konnten die Feuerwehrleute den Brandherd jedoch zunächst nicht finden: Sie mussten sich zurückziehen, sagt Faßbender. Ein Löschangriff war zu diesem Zeitpunkt unmöglich. „Wir haben später von drei Seiten versucht, das Feuer zu löschen. Das ist uns jedoch erst nicht gelungen.“

Um die 61 Bewohner im Haus mit der Nummer 21 unmittelbar über der brennenden Tiefgarage zu schützen, wurde das Gebäude geräumt. 20 Menschen seien vom Rettungsdienst untersucht worden. Dabei wurde festgestellt, dass drei Bewohner Rauchgase eingeatmet hatten. Darüber hinaus musste eine Lungenpatientin, die wegen ihrer Erkrankung auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist, vom Rettungsdienst versorgt werden. Einige Bewohner kamen für die Dauer der Löscharbeiten im Gerätehaus der Feuerwehr Wevelinghoven unter.

Hinter Flatterband beobachteten einige der Bewohner in der Nacht den Großeinsatz vor ihrer Haustür, darunter Sandra Hasselkuss. Sie hatte sich, ihren Hund und ihre Schildkröte in Sicherheit gebracht und schaute den Einsatzkräften aus der Ferne zu. „Es hat einige Male geknallt, der Rauch zog auch vor die Hauseingänge“, schildert sie: „Ich habe dann die Nachbarn gewarnt. Viele sind in Panik geraten.“ Sandra Hasselkuss hat Glück: Sie hat kein Auto. Andere Bewohner bangen nun um ihre Fahrzeuge. Zutritt zur Tiefgarage erhielten sie zunächst nicht.

Um das Feuer unter Kontrolle zu bringen, zogen die Einsatzkräfte auch ungewöhnliche Register: Zwischenzeitlich war durch die Feuerwehr Grevenbroich sogar ein „Löschpanzer“ aus Erkelenz angefordert worden. Dabei handelt es sich – vereinfacht beschrieben – um eine unbemannte „Schneekanone“ auf Ketten, die Feuer finden und löschen kann. Auch die Speira-Werkfeuerwehr wurde gerufen: Die Kräfte aus dem Alu-Werk hätten mit großen Mengen Schaummittel helfen können.

Nötig wurden diese Spezial-Maßnahmen am Ende nicht. Den Grevenbroicher Rettern gelang es schließlich, den Brandherd mit Hilfe einer Wärmebildkamera zu lokalisieren und die vier Autos im hinteren Teil der Garage mit Wasser zu löschen. Zusammengerechnet sechs Einsatz-Trupps waren nötig, um dem Feuer Herr zu werden. Sichtbar wurden die Flammen trotz Wärmebildkamera wegen des dichten Rauchs erst etwa zwei Meter vor den brennenden Objekten.

„In 30 Jahren habe ich so etwas nicht erlebt“, sagt Einsatzleiter Paul Faßbender – obwohl Tiefgaragenbrände allgemein keine Seltenheit seien. „Kein alltäglicher Einsatz“, resümiert der Grevenbroicher Feuerwehr-Chef Udo Lennartz, der wie Kreisbrandmeister Norbert Lange von seinen Kollegen gerufen wurde, als ihnen das Ausmaß des Brandes deutlich geworden war. Es sei ein Glücksfall, dass keine direkte Verbindung zwischen der Tiefgarage und dem Wohnhaus besteht.

Am Mittwochnachmittag teilte die Polizei mit, dass ein technischer Defekt und fahrlässiges Handeln als Ursache für das Feuer in der Tiefgarage ausgeschlossen werden können. Die Experten der Kripo gehen davon aus, dass der Brand vorsätzlich an einem der Fahrzeuge gelegt wurde. Die Kripo sucht Zeugen, die gebeten werden, sich unter 02131 3000 zu melden. Zur Schadenshöhe ist noch nichts bekannt, sie dürfte aber mindestens im fünfstelligen Bereich liegen.