Künstler rettet die Madonna
Anne Blass, Inge Broska und Manfred Greulich-Blass zeigen ihre Arbeiten bei Dielämmer.
Grevenbroich. Kann man eine Madonna auf den Schuttcontainer werfen? „Man tut es jedenfalls“, berichtet Manfred Greulich-Blass von seiner Beobachtung. Der Alsdorfer rettet solch alte Schätzchen aus dem Müll und verwandelt sie in Objektkunst: Er verarbeitet Andachtsfiguren und Kruzifixe, verleiht aber auch rostigen Teilen von alten Landmaschinen eine neue, religiöse Bedeutung.
Neosakral? Greulich-Blass sieht die Arbeiten in der Tradition der „Objets trouvés“, bei denen Künstler Alltagsgegenstände zu Kunst machen. Ebenso wichtig ist es ihm, als Ausbilder am Berufskolleg die Schüler an Relikte früherer Zeiten heranzuführen.
Mit Anne Blass und Inge Broska zeigt er seine Arbeiten jetzt in der Galerie Judith Dielämmer. Um Wandel und Vergänglichkeit geht es den drei Galeriemitgliedern, um Prozesse, die sie über Jahre am Rande des Tagebaus Garzweiler beobachtet haben. Ihre Ausstellung trägt den Titel „Nekrophiles — Neophyten — Neosakrales“.
Nekrophil? Den Begriff versteht das Trio weitgefasst. „Gemeint ist: dem Tod und der Sterblichkeit zugewandt“, erklärt Anne Blass. Dass niemand der Vergänglichkeit entrinnt, zeigt ihre „Hommage an Auguste S.“. Nicht von ungefähr erinnert die Arbeit an eine Grabstele. Ein und dasselbe Gesicht auf Fotografien, aufgenommen im Abstand von Jahrzehnten.
Für andere Arbeiten hat Anne Blass ganze Stapel von Glasplatten verschnürt und miteinander verschmolzen wie Käsescheiben — oder wie Bündel von Werbeprospekten, die ein fauler Austräger im Straßengraben entsorgt hat, statt sie in die Briefkästen zu stecken. Auch sie werden von Blass in Kunstwerke verwandelt. Sie schmückt die Bündel mit Kunststoffblumen, Grabschmuck von einem französischen Friedhof.
Blumen aus der Fremde, Neophyten? So nennt man Pflanzenarten, die sich neu ansiedeln und in Windeseile vermehren. Unter Gartenfreunden machen sie sich damit unbeliebt. Wie die Balsaminen, die Inge Broska zärtlich Eifelorchideen nennt. Indes denkt sie gar nicht daran, die Neulinge zu eliminieren, sondern sät sie im Garten ihres abgerissenen Elternhauses in Alt-Otzenrath aus. Fotos vom rosa Blütenmeer zeigt sie in der Ausstellung. Der Verlust der Heimat schmerzt noch nach Jahren, gesteht die heute in Hochneukirch lebende Künstlerin.
“ Die Ausstellung läuft bis zum 30. September in der Produzentengalerie Dielämmer. Öffnungszeiten: freitags von 18 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung unter 2 0 21 81/47 94 83.
www.judithdielaemmer.de