Wohnen in Grevenbroich Bauland ist Mangelware
Grevenbroich. · Grevenbroich ist als Wohnort bei Familien beliebt. Doch Bauland ist knapp. Die Stadt hofft Änderungen im Regionalplan.
Bald dürfte der Hausbau starten – die Stadtentwicklungsgesellschaft Grevenbroich (SEG) hat die Vermarktung ihrer 32 Grundstücke für den ersten Abschnitt im Baugebiet An Mevissen abgeschlossen, im Rathaus sind die ersten Bauanträge für das Areal in Wevelinghoven eingegangen. Wohl dem, der den Zuschlag für eines der Grundstücke erhalten hat, denn viele Familien suchen in Grevenbroich eine Baumöglichkeit. Bauland ist in der Stadt knapp, und bis weitere größere Baugebiete an den Start gehen, wird es einige Zeit dauern.
„Ein freies Grundstück in Grevenbroich ist eine Rarität“, kennt auch Heinrich Ostendorf, Immobilienberater bei der Landesbausparkasse in Grevenbroich, den Mangel. „Familien finden kaum ein noch Bauland.“ Alternativen seien „der Abriss und Neubau oder der Kauf und die Sanierung einer bestehenden Immobilie“. Doch auch dann gibt’s viele Mitbewerber. Für ein „Reihenmittelhaus aus den 50er Jahren habe ich mehr als 20 Interessenten“, erklärt Ostendorf. Viele ältere Grevenbroicher würden gern ihr Haus in eine Stadtteil verkaufen und in eine City-Wohnung – nah zum Arzt und zu Geschäften – ziehen. Durch den Umzug würde ein Haus für andere frei, doch: „Die Eigentumswohnungen, die in der Innenstadt gebaut werden, sind sofort vergeben, die Nachfrage ist groß“, sagt Ostendorf
Wer auf der Suche nach Bauland im Rathaus anklopft, wird zurzeit enttäuscht. „Wir bieten aktuell keine Grundstücke an. Unsere Flächenoptionen, die wir vermarkten können, sind weitgehend erschöpft“, sagt Stadtsprecher Stephan Renner. Die Zahl der Interessenten überstieg die der 32 Mevissen-Grundstücke der SEG bei Weitem, „Es ist nichts mehr frei“, sagt Renner. „Wir haben Bedarf an Bauland.“ Und das wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern, der Bedarf ist amtlich bestätigt. Laut einer Kreisstudie müssen in der Stadt bis 2030 zusätzlich 1802 Wohneinheiten geschaffen werden. Eine weitere Zahl. „Die Landesplanung hat bis 2040 beinen Bedarf von 3600 Wohneinheiten in Grevenbroich festgestellt“ erläutert Renner. Dem steht laut Stadt ein Potenzial von 2100 Wohnungen im Flächennutzungsplan und in Bebauungsplänen gegenüber. Klingt nicht schlecht, doch nicht jedes Potenzial kann wirklich ausgeschöpft werden.
Ein Beispiel dafür ist Baugebiet Gustav-Mahler-Straße im Gustorfer Norden, 250 Wohneinheiten wären dort möglich. Geplant wird seit Jahrzehnten, gebaut nicht: Nach Schwierigkeiten beim Erwerb der erforderlichen Grundstücke, einige Eigentümer hatten andere Preisvorstellungen, zog sich die DZ-Immobilien und Treuhand zurück. Politiker machten sich bereits dafür stark, das Baugebiet aufzugeben und Bauland an anderer Stelle zu schaffen, wenn nicht bald eine Lösung gefunden sei. „Wir unternehmen einen neuen Anlauf“, erklärte jetzt Martin Ernst vom Vorstand der Volksbank Erft. Die Bank stehe in Gesprächen mit einem Entwickler – und mit der Stadt, um den Bebauungsplan für eine Realisierung anzupassen. „dann wollen wir mit einem fertigen Konzept nochmals an die Eigentümer herantreten“, sagt Martin. Auch der zweite Abschnitt im Baugebiet Am Glockenstrauch in Frimmersdorf harrt der Umsetzung.
Das heißt nicht, dass in Grevenbroich nicht gebaut wird. An der Langwadener Straße in Wevelinghoven wurden 2019 28 öffentlich geförderten Einfamilienhäuser fertig. In Neukirchen südlich der Hülchrather Straße hat der Bau von Wohnhäusern begonnen. Ende 2019 hat der Rat zudem den Weg für die neue Bebauungsplanverfahren frei gemacht: Am Lohweg in Neukirchen sind circa Wohneinheiten geplant, darunter 40 in Mehrfamilienhäusern. An Mevissen sollen in zwei weiteren Bauabschnitten rund 260 Wohneinheiten entstehen, darunter 60 in mehrgeschossigen Häusern. Doch die Planverfahren sind noch ganz am Anfang. Bis die Bagger anrollen, wird es noch dauern. Und für das Baugebiet Kapellen III – die ursprüngliche Ausweisung für Gewerbe wurde in Wohnbauland geändert – ist der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan noch nicht gefasst.
Für den lokalen Bedarf
fehlen 1938 Wohneinheiten
Klar ist: Auch diese Baugebiete werden keineswegs reichen, um den großen Bedarf zu decken. Ein Lichtblick sind die Pläne der Bezirksregierung für die geplante Änderung des Regionalplans beschließen. Für Grevenbroich sollen Flächen für 1938 Wohneinheiten allein für den lokalen Bedarf ausgewiesen werden, zusätzlich Areale für 675 Wohnungen, für die aus dem Raum Köln Bedarf angemeldet wurde. Sechs Gebiete in Grevenbroich sollen nach den Plänen in Düsseldorf in den Plan aufgenommen werden: Kapellen IV (425 Wohneinheiten), am Rand von Elfgen (955), zwischen Real-Markt und der Bebauung von Noithausen (560), zwischen Energiestraße und Bebauung in Frimmersdorf (250), am Rand von Orken (385) sowie in Neuenhausen (38). Allerdings hatte die Stadt insgesamt 13 Flächen als Vorschläge für neue „Allgemeine Siedlungsbereiche“ (ASB) gemacht. Die wurden auf Landesebene nach einem Kriterienkatalog untersucht. Viele schnitten aus Sicht der Bezirksregierung ungünstig ab.
Die Verwaltung freut sich über die zusätzlich geplanten Ausweisungen, will sich damit aber nicht zufrieden geben. Laut Stadt kann das Ziel der Stadt, Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten zu moderaten Preisen zu schaffen, mit den nun vorliegenden ASB-Reserven nicht verfolgt werden. „Wir brauchen mehr Bauland“, sagt Renner. Die Stadt möchte zusätzliche Bereiche etwa in Neukirchen. Die Bewertung bei der Bezirksregierung fiel wegen „mäßiger Infrastruktur“ negativ aus. Die Stadt verweist auf die Versorgung mit Grundschule und Kita, Ärzten, Apotheke, dem neuen Supermarkt und anderen Geschäften. Ebenfalls bei der Bewertung durchgefallen waren Areale in Hemmerden. Die Stadt wirbt dagegen auch dort um Bauland – die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sei besser als beurteilt. Hemmerdener seien mit dem Fahrrad oder dem Bus schnell an der Bahn-Station in Kapellen.