Mutmaßlicher Wolf in Vorst gesichtet Läuft hier ein Wolf durch Vorst?

Vorst · Dieser Facebook-Post sorgt für Aufregung: Ein Wolf soll am Sonntagabend durch den Kaarster Ortsteil Vorst gestreift sein. Gesichtet wurde er von drei Spaziergängern. Diese hatten allerdings keine Angst vor dem wilden Tier. Doch war es wirklich ein Wolf? Vieles spricht dafür.

Der Wolf ist am Ortsrand von Vorst gesichtet worden und den Schwestern Hannah und Theresa Trippelsdorf und Louis Novak einen Kilometer gefolgt.

Foto: Hannah Trippelsdorf

Es ist später Sonntagnachmittag, als sich die Sonne nach einem traumhaften Frühlingstag so langsam verabschiedet. Die beiden Schwestern Hannah und Theresa Trippelsdorf gehen gemeinsam mit ihrem guten Freund Louis Novak und dessen Hund eine große Runde Gassi. Als sie aus dem Vorster Wald kommen, werden sie plötzlich verfolgt: Ein Wolf nahm im Wald vermutlich die Fährte des Hundes auf. „Wir dachten erst, dass es ein anderer Hund ist. Als er uns dann aber rund einen Kilometer gefolgt ist, konnten wir das ausschließen“, sagt Hannah Trippelsdorf am Montag. Vorbei am Kriegerdenkmal über die Schiefbahner Straße folgte das Tier dem Trio bis zur Straße „Düppheide“. Als sie dann wieder Richtung Stadtmitte abbogen, drehte der Wolf um und verschwand. Ein Jäger habe ihr bestätigt, dass es sich tatsächlich um einen Wolf handelte.

Für die meisten wäre eine Begegnung mit einem Wolf gruselig, die beiden Schwestern und ihr Begleiter dagegen hatten „überhaupt keine Angst“, wie Hannah Trippelsdorf erklärt: „Wir haben uns nur gedacht: Wow, was für ein schönes Tier. Wir haben nicht damit gerechnet, dass uns in Vorst ein Wolf begegnet“, sagt sie. Der Wolf habe versucht, den Hund zum Spielen zu animieren, doch dieser zeigte kein Interesse. „Deshalb ist er bis auf drei Meter an uns herangekommen“, erinnert sich die Augenzeugin. Als sie einen Schritt auf den Wolf zuging, sei er weggesprungen. „Er war nicht böse, nur interessiert“, sagt sie weiter. Sie postete zwei Fotos in der Facebook-Gruppe „Du bist Vorster, wenn...“, die bislang mehr als 65 Mal kommentiert wurden. Es sollte lediglich eine Information sein, um die Bürger zu sensibilisieren.

Der Wolf ist auch am Hof von Stephan Schwengers vorbeigelaufen. Der Landwirt hatte das Tier ein paar Tage vor der Sichtung am Sonntag bereits gesehen, wie er auf Anfrage erklärt. „Ich war mir da aber nicht sicher, ob es wirklich ein Wolf ist“, so Schwengers. Was ihn schockierte, als er das Video sah: „Die fehlende Menschenscheu. Das ist untypisch für einen Wolf“, sagt er. Polizeisprecher Gerko Siemer bestätigte, dass Beamte rausgefahren seien, um nach dem Wolf zu sehen, ihn aber nicht mehr haben finden können. Später am Abend wurde ein potenzieller Wolf in der Gemeinde Rommerskirchen gesichtet.

Es ist nicht die erste Wolfssichtung am Niederrhein. Erst Mitte Februar war ein Wolf gesichtet worden, der durch Mönchengladbach und Jüchen zog. Der Wolf stand sogar auf einer Veranda und versuchte, vom Garten ins Haus zu gelangen.

Ortslandwirt vermutet, dass das Tier sich nur hierher verirrt hat

Er sei nicht aggressiv gewesen und habe lediglich Interesse an dem Hund gezeigt, mit dem das Trio Gassi ging.

Foto: Hannah Trippelsdorf

Johannes Küppers, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Rhein-Kreis Neuss/Mönchengladbach und Kaarster Ortslandwirt, kann sich nicht vorstellen, dass ein Wolf im Kaarster Stadtgebiet heimisch wird, er vermutet eher, dass sich das Tier nur hierher verirrt habe. Aber: „Der Wolf muss ja auch etwas fressen“, sagt Küppers. Zwar dürfte ein einzelner Wolf Tiere wie Pferde oder Kühe in Ruhe lassen, „er geht aber an Schafe, Ziegen oder Hühner“, so Küppers. Auch frei laufende Hunde könnten dem Wolf zum Opfer fallen.

Peter Kallen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Neuss, erklärt, dass es keine 100-prozentige Sicherheit gebe, dass das Tier ein Wolf ist. „Es spricht vieles dafür, letzte Gewissheit gibt es aber erst durch eine DNA-Probe“, sagt Kallen auf Anfrage. Es könnte derselbe Wolf sein, der Mitte Februar in Mönchengladbach gesichtet wurde. „Denkbar ist es. Aber gerade ist die Zeit typisch dafür, dass Jungwölfe ihre Rudel verlassen und auf Wanderschaft gehen“, so Kallen weiter. Im Rhein-Kreis Neuss gebe es „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ aber kein Rudel.

Die eingeklemmte Rute in dem Video, dass der Kreisjägerschaft vorliegt, zeige, „dass es ein ängstliches Tier ist“, so Kallen. Es zeige ein ausweichendes Verhalten, sei aber nicht scheu. „Es ist kein Tier, das den Menschen meidet, man sollte ihm aber nicht zu nahe kommen. Wenn es in die Enge getrieben wird, kann man nichts ausschließen“, erklärt er. Hundebesitzer sollten ihre Tiere sofort anleinen, denn „Hunde sind das beliebtere Opfer als der Mensch“, sagt er. Gejagt werden dürfen Wölfe allerdings nicht.

Laut Wilhelm Deitermann, Sprecher des NRW-Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), sei auf Bildern in der Regel nicht eindeutig zu erkennen, um welches Tier es sich handelt. „Dies gelingt zumeist nur über DNA-Nachweise. Daher können wir keine Aussage dazu treffen, ob sich das Tier aus Mönchengladbach noch immer in der Region aufhält oder ob es sich um ein weiteres durchziehendes Jungtier handelt“, erklärt er auf Anfrage. Aktuell würden sich ein- oder zweijährige Jungwölfe, die sich von ihren Rudeln getrennt haben, auf die Suche nach einem eigenen Territorium oder einer Verpartnerung machen. „Dass zwei unterschiedliche Jungtiere auf Wanderschaft im Rhein-Kreis-Neuss und umliegend gesichtet wurden, kann als sehr wahrscheinlich bewertet werden“, so Deitermann.