Reit- und Fahrverein feiert 90. Geburtstag

Von sieben Landwirten wurde der Reit- und Fahrverein vor 90 Jahren gegründet.

Foto: L. Berns

Kaarst. Mit dem Reit- und Fahrverein Kaarst feiert dieser Tage ein Traditionsverein sein 90-jähriges Bestehen. Die Historie spiegelt auch ein Stück Ortsgeschichte wider. Vor neun Jahrzehnten war die Reiterei ein rustikales sonntägliches Vergnügen für die Bauern, die mit Pferden Hindernisse überwanden, die sonst auf dem Acker eingesetzt wurden.

Durch eine Welle von Abspaltungen ab den 1970er Jahren — Reitställe gründeten ihre eigenen Vereine — sank die Zahl der Mitglieder von einst mehr als 300 auf aktuell 98. Zurzeit machen dem Verein Ganztagsunterricht und Offene Ganztagsschule zu schaffen: Junge Menschen haben kaum noch Zeit für Hobbys wie das Dressur- und Springreiten. Und so ganz preiswert ist dieses Hobby auch nicht.

Wer glaubt, die Probleme, die es unzweifelhaft gibt, hätten die Mitglieder depressiv gestimmt, der irrt. Am Donnerstag ist immer von 15 bis 19 Uhr Springstunde im Vereinsreitstall von Peter Schmidt. Das Gelände liegt an der Broicherseite, direkt neben dem Verkehrsübungsplatz. „Anschließend gehen wir ins ,Stübchen’, das ist unser Kommunikationszentrum“, sagt Petra Merz (51) aus Vorst. Und sie fügt hinzu: „Wir halten uns oft und gerne hier auf, das macht uns Spaß.“ Tochter Celine (14) reitet dort, gemeinsam mit Leonie Schmidt (14), der Tochter des Reitstallinhabers Peter Schmidt. Der bildet die Kinder aus und züchtet Pferde.

Manchmal lässt sich auch Friedhelm Tillmann blicken. Der 64-Jährige trat 1957 in den Reit- und Fahrverein ein und wurde einer der erfolgreichsten Reiter, der 17 sogenannte S-Siege errang. Tillmann erinnert sich an die Anfänge auf einem Acker an der Alten Heerstraße, in etwa dort gelegen, wo heute die Grundschule und das Lehrschwimmbecken stehen. „Im Winter nutzten wir eine Halle der Lauvenburg“, sagt der 64-Jährige. Tillmann lebt heute in Grevenbroich und hat längst einen eigenen Reitstall. Und er gesteht, dass sportliche Erfolge immer wichtig für ihn waren. Selbst zu weit entfernten Turnieren, sagt er, sei man früher mit dem Traktor gefahren. „Und wenn statt sechs sieben Pferde im Anhänger transportiert werden mussten, dann wurde eben gedrückt“, erinnert sich Peter Schmidt.

Der Reitstallinhaber weiß auch, dass — sportlich gesehen — die ganz großen Zeiten des Vereins vorbei sind. So holte die inzwischen verstorbene Anneliese Schauerte-Küppers, ein Mitglied des Reit- und Fahrvereins, 1956 bei den Olympischen Spielen gemeinsam mit Hannelore Weygand die Bronzemedaille für Deutschland.

Längst freut man sich in Kaarst über kleinere Erfolge: Leonie Schmidt war vor zwei Jahren Kreismeisterin, die Tochter des zweiten Vorsitzenden Frank Meyer, Kathrin, brachte es 2007 zur Kreismeisterin und Rebecca Golasch wurde 2009 Deutsche Meisterin.

In den 1980er Jahren hörten die Reiter des Reit- und Fahrvereins auf, bei den Kaarster Schützenfesten mitzureiten. Und das Fahren mit der Kutsche gibt es ebenfalls nicht mehr — der Reit- und Fahrverein ist also mittlerweile ein reiner Reitverein.