Neuss: Traum vom Fußballzentrum
Jugendfussball: Der Stadtsportverband rennt mit seinem Förderkonzept offene Türen ein.
Neuss. Für die DFB-Stützpunktelf aus Neuss blieb beim international besetzten Novesia Cup für U13-Teams bisher immer nur die Rolle des Prügelknaben. Doch erstmals gelangen der Junioren-Auswahlmannschaft in diesem Jahr überraschende Erfolge gegen arrivierte Teams wie Alemannia Aachen, Fortuna Düsseldorf und Boluspor aus der Türkei.
Es ist also doch noch nicht Hopfen und Malz verloren im Neusser Fußball. Jemand, der dieses Potenzial erkannt hat und wieder erwecken will, ist Klaus Becker, der federführend für den Stadtsportverband ein auf fünf bis sechs Jahre angelegtes Förderkonzept entwickelt hat, das bereits erste Früchte trägt.
"Im Seniorenbereich ist die Situation im Fußball für eine Stadt wie Neuss desolat, beim Nachwuchs nicht minder katastrophal", beschreibt Becker die Ausgangslage, schränkt jedoch ein: "Das gilt eigentlich nur ab der D-Jugend. Mit zwölf Jahren wenden sich die Kinder aber in Neuss vom Fußball ab, weil sie hier keine Perspektive sehen - und das, obwohl Fußball in Deutschland boomt."
Langfristig hat der 2.Vorsitzende des Stadtsportverbandes die Vision, dass in Neuss in jeder Jugendklasse wieder mindestens ein Verein in der Niederrheinliga spielt und Talente in einem Jugend-Fußballzentrum geformt werden. Als Ort dafür käme womöglich - gemäß der vom Rat ins Auge gefassten Umsiedlung von der Hammer Landstraße - der Stadtwald infrage. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. "Wir müssen erst einmal die Grundlagen schaffen, vorher macht es keinen Sinn, der Politik etwas vorzulegen", so Becker.
In einer eigens vom Stadtsportbund ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe, in die alle 18 Vereine eingeladen wurden, hat man die Prioritäten für das weitere Vorgehen festgelegt. "Zunächst einmal gilt es, die Qualität des Trainings zu verbessern", erklärt Becker. Das könne etwa durch einen vom Stadtsportverband bezahlten Top-Trainer geschehen, der von Verein zu Verein tingelt und die Übungsleiter vor Ort schult. Mit dem gebürtigen Neusser und neuen Hertha-Coach Friedhelm Funkel gibt es inzwischen auch einen prominenten Befürworter des Konzepts. "Er hat uns sogar seine Unterstützung zugesagt, aber im Moment beschäftigen ihn bekanntlich andere Probleme", hat Becker in einem Telefonat mit Funkel erfahren.
Darüber hinaus müsse dem Offenen Ganztag in Hinblick auf die Talentsichtung mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. "Mit dem TSV Norf ist auf schulischer Ebene nur ein Klub aktiv. Das ist zu wenig, da fehlen zwangsläufig die Übergänge", hat der Fußballexperte erkannt. Erst in einem dritten Schritt könnte dann das Leistungsniveau, etwa durch die Bildung von mehr Auswahlteams, angehoben werden.
Die Arbeitsgruppe hat unlängst sogar Kontakt zu Borussia Mönchengladbach aufgenommen, "wo bei all diesen Dingen vorbildliche Arbeit geleistet wird", weiß Becker. Auch bei potenziellen Investoren habe er mit seinem Konzept offene Türen eingerannt: "Zumindest mit einem werden wir uns Anfang kommenden Jahres wohl einig."