Fussball: VfR wieder einmal vor dem Aus
Mannschaft bekommt kein Geld. Neuer Insolvenzantrag?
Neuss. Ist der VfR finanziell am Ende - wieder einmal? Die Zeichen mehren sich, dass ein erneuter Insolvenzantrag unmittelbar bevorsteht. Die Spieler, seit Monaten nicht mehr vertragsgemäß bezahlt und seit Saisonstart im Juli ganz ohne Bezahlung, haben ihrem Verein am Sonntag die rote Karte gezeigt: Zum Auswärtsspiel in Baumberg traten sie nicht an.
"Ein Teil der Spieler hat sich erklärt nicht zu spielen aufgrund ausstehender Gelder", heißt es dazu in einer dürren Mitteilung auf der Vereins-Homepage. Dazu kam der verletzungsbedingte Ausfall einiger Spieler. "Die Mannschaft wollte sich am Sonntag nicht abschlachten lassen. Wir haben sieben Verletzte", sagt der 2.Geschäftsführer (der Posten des 1. Geschäftsführers ist unbesetzt), Peter Lewandowski. Vor allem aber wollten die Spieler endlich ihr Geld sehen.
Vincent Scheidemann, zum Saisonstart von Fortuna DüsseldorfII zum VfR gestoßen, kommentiert bitter: "Wir bekommen kein Geld, und niemand an der Vereinsspitze fühlt sich verantwortlich." Und das in sportlich so guten Zeiten. Vor dem Spielboykott hatte sich der VfR an die Spitze der Landesliga gespielt: "Jeder zerreißt sich auf dem Platz. Eine Mannschaft ohne Stars, die Zusammenarbeit mit dem Trainer funktioniert, wir sind ein echtes Team", schwärmt Scheidemann.
Nun aber ist für die Spieler Schluss, und sie sind sich offensichtlich einig. Für Dienstagabend ist ein Treffen geplant, von dem sich die Spieler endgültig Klarheit erwarten. "Gibt es kein Geld, muss wohl Insolvenz angemeldet werden", meint Scheidemann.
Auch VfR-Geschäftsführer Peter Lewandowski kündigt eine schnelle Entscheidung an, auch wenn er den Begriff von der Insolvenz vermeidet. "Wir brauchen etwa eine Woche, dann sehen wir klarer."
Die jahrelange Geschichte der finanziellen Wirrungen bei den Grün-Weißen ist um ein Kapitel reicher. Noch im November letzten Jahres hatte der frühere VfR-Spieler und langjährige Präsident Jupp Kokesch einen neuen Geldgeber präsentiert: Der Neusser Projekt- und Finanzberater Zemson sollte für mindestens fünf Jahre Partner sein.
Selbst das Ziel Regionalliga wollte der optimistisch gestimmte Vereins-Chef damals nicht ausschließen. Über die Höhe der Zuwendungen ließ sich Kokesch nichts entlocken, er erklärte nur, es gehe "nicht um Cent-Beträge". Doch außer der Vorstellung hochfliegender Pläne ließ der Finanzdienstleister wenig von sich hören.
Ein klassisches Sponsoring hat das Neusser Unternehmen, nach eigener Werbung Spezialist unter anderem für "hoch verzinsliche und risikobegrenzte Anlagen ab 10Millionen US-Dollar" und Mitwirkender bei der Privatisierung ehemaliger Staatsunternehmen in osteuropäischen Ländern, allerdings niemals angestrebt.
"Wir sind nicht Sponsoren, wir investieren in den Verein", betonen Gesellschafter Antonello Lucci und Geschäftsführer Dezsoe Balogh, - "ganz nach dem Beispiel Hoffenheim". Luccis Vorwurf: Die Gehälter der Grün-Weißen seien viel zu hoch. Balogh jedenfalls betont: "Wir stehen zum VfR Neuss. Wir haben durchaus etwas vor, aber was, das wollen wir jetzt nicht sagen. " Die Trikots der Spieler jedenfalls sind nun leer - so wie die Kassen des Traditionsvereins.
Die Verantwortlichen zielen in Richtung des alten Vorstand. Der war Anfang August zurückgetreten. "Der alte Vorstand hat viel versprochen und uns damit sitzen lassen", sagt Peter Lewandowski. Und Siggi Henze, 2.Vorsitzender: "Das ist das Erbe von Kokesch & Co. Damit aufzuräumen wird nicht so einfach sein."
Das Erbe von Jupp Kokesch? Der Neusser bestritt für den VfR mehr als 1000 Pflichtspiele - unter anderem 1967 beim unvergessenen 5:4-Sieg über Fortuna Düsseldorf vor 13000 Zuschauern - und führte den Verein sieben Jahre als Präsident. Darunter fiel eine erfolgreiche Verhandlungsaktion: 2004 gelang es ihm, den Traditionsverein vor der Insolvenz zu retten...