50 Jahre lang den Menschen gedient

Am Sonntag feiert Karl-Heinz Köchling sein goldenes Priesterjubiläum. Zwölf Jahre lang arbeitete er als Pfarrer in Büderich.

Foto: Anne Orthen

Karl-Heinz Köchling lehnt sich zurück, atmet tief ein und sucht nach einer Antwort. Was sich am Beruf des Pfarrers in den vergangenen 50 Jahren verändert habe? „Heute“, sagt Köchling, „haben die Pfarrer weniger Zeit als früher. Auch die Nähe zu den Menschen geht mehr und mehr verloren. Das ist sehr schade, denn Zeit und Nähe sind für mich essenzielle Bestandteile des Priesterberufs.“ Köchling muss es wissen: Morgen feiert der 75-Jährige sein goldenes Priesterjubiläum. Zwölf der 50 Jahre seiner Laufbahn verbrachte er als Pfarrer in Heilig Geist in Büderich.

Karl-Heinz Köchling

Sein Dienstjubiläum ist für Pfarrer Köchling kein Grund, sich in den Vordergrund zu drängen. „Für mich ist dieses Datum vielmehr ein Grund, zurückzublicken und mich bei meinen Wegbegleitern zu bedanken“, sagt er. Und davon gab es in den zurückliegenden 50 Jahren einige.

Aufgewachsen ist der gebürtige Düsseldorfer in Wersten. Dort lebte er mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern. „Als meine Mutter starb, übernahm meine Schwester Gisela die Vormundschaft für mich“, erzählt er. Sein Vater diente während seiner Kindheit im Krieg. „Wenn er nach Hause kam, habe ich ihn eher als Besucher wahrgenommen“, erinnert sich Köchling. Der Krieg war schließlich auch mit dafür verantwortlich, dass Karl-Heinz Köchling entschied, sich in den Dienst der Kirche zu stellen. „Das war gegen Ende meiner Schulzeit. Als junger Mensch ist man ein guter Beobachter — man sieht viele Dinge in der Welt, die nicht in Ordnung sind. Negative Dinge waren so etwas wie die Motivation, Priester zu werden. Man kann von der Welt frustriert sein, aber der Glaube kann als Lichtblick im Dunkel helfen.“

Köchling studierte in Bonn und München, bevor er zwei Jahre das Priesterseminar in Köln besuchte. An ein Gespräch mit einem Kommilitonen erinnert sich Köchling noch heute als ein prägendes Erlebnis. „Damals hatte ich viele Fragen und konnte es nur schwer ertragen, keine Antworten auf sie zu finden. Ein Kommilitone sagte zu mir: ,Du musst lernen, Fragen stehen zu lassen.’ Das hat mir sehr geholfen.“ Diese Erkenntnis haben die Grundsätze geprägt, den Köchling noch heute verfolgt: „Niemand hat die Wahrheit gepachtet“, sagt er. Und man müsse die Meinungen anderer ernst nehmen. Auch in der Kirche solle — im Hören auf Gott — eine freie Meinungsäußerung möglich sein.

Zum Priester weihte ihn Kardinal Frings im Kölner Dom — am 2. Februar 1966. Kurze Zeit später trat Köchling eine Stelle als Kaplan in Rheinbach bei Bonn an. „Damals hat man als Pfarrer einen enormen Rückhalt aus der Gemeinde gespürt“, sagt er. Nach Stationen als Pfarrer in Gerresheim und Flingern kam Köchling im April 1988 als Priester in die Heilig-Geist-Gemeinde nach Büderich. Dort ging er vordergründig einem Auftrag nach: „Meine Aufgabe war im Grunde, die Gemeinde wieder zu einen. Sie hatte sich an meinem Vorgänger gespalten.“ Dies sei nicht einfach gewesen, doch am Ende gelungen. An seine Zeit als Pfarrer in Heilig Geist — damals war die Gemeinde noch nicht mit der von St. Mauritius zusammengelegt — erinnert sich Köchling gerne zurück.

Karl-Heinz Köchling

„Es herrschte viel Leben in Büderich. Die Gemeinde war jung, mit vielen Kindern.“ Köchling kümmerte sich nicht nur um die Büdericher Gemeinde, sondern auch um Menschen von außerhalb, die dort Schutz suchten. So nahm er in seiner Wohnung im Pfarrheim auch Menschen, die vor dem Krieg in Bosnien flohen, auf. Nächtelang schliefen sie in einem Gästezimmer. Der Pfarrer erinnert sich auch an einen ökumenischen Gottesdienst auf dem Gelände der Firma Böhler, die damals noch in Meerbusch ansässig war. Viele Arbeiter verloren ihre Stellen, der Gottesdienst gab ihnen Kraft in schweren Zeiten. Nachdem Köchling von 2000 bis 2009 als Seelsorger im Krankenhaus Mörsenbroich-Rath und der St.-Mauritius-Therapieklinik in Osterath arbeitete, ging er am 1. Januar 2010 in den Ruhestand. Aber noch heute arbeitet er als Seelsorger, hält Messen, wenn Personal fehlt.

Zu viel will sich Köchling aber nicht mehr vornehmen. Er habe gerne freien Platz im Kalender, um auch Zeit für seine Mitmenschen zu finden, sagt er. „Das“, erzählt der Priester, „ist mir sehr wichtig. Vor Kurzem war ich auf einer Veranstaltung und eine Frau bot mir an, meinen Mantel aufzuhängen. Diese Geste bedeutet, dass man sich Zeit nehmen kann — das ist heute sehr selten.“ Dann lehnt er sich wieder zurück. Und nimmt sich Zeit für seinen Gesprächspartner.