Bildung „Ein wunderbarer Beruf – frei und kreativ“

Interview Die Leiter der Musikschule, Anne Burbulla und Michael Krones, sprechen über ihre Arbeit.

Michael Krones und Anne Burbulla leiten die Meerbuscher Musikschule. Beide spielen selbst auch Instrumente.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Meerbusch feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Die Musikschule ist aber noch älter. Wie macht sich das bemerkbar?

Anne Burbulla: Das stimmt, in zwei Jahren gibt es uns seit 60 Jahren. Viele ältere Meerbuscher waren als Kinder hier. Deren Kinder waren ebenfalls Schüler, heute sind es auch die Enkel. So prägt die Musikschule in Meerbusch mehrere Generationen.

Kurse zu besuchen ist ja mittlerweile praktisch kurz nach der Geburt möglich...

Burbulla: Wir hatten schon lange Frühförderkurse für Babys ab 18 Monaten, das sind bei uns die Musikküken. Aber der allgemeine Trend bei allen Unterrichten geht dahin, dass die Eltern die Förderung gerne noch früher beginnen. Deshalb haben wir einen ganz frühen Kurs eingerichtet für Babys von sechs bis 18 Monaten, die heißen bei uns die Musikkäfer. Die Kurse werden sehr gut angenommen und sind meistens ausgebucht. Wir haben eine Nachrückerliste.

Wie darf man sich das Musizieren bei den Musikkäfern vorstellen?

Burbulla: Es geht darum, die Wahrnehmung zu schulen. Wir machen Fingerspiele, Kniereiterspiele, nutzen Rasseln und orffsche In­strumente.

Wie reagieren Babys darauf?

Michael Krones: Das ist verschieden und abhängig vom Entwicklungsprozess: Der eine ist aktiver, der andere schaut mehr, wobei auch beim Zuhören und Schauen ganz viel passiert.

Sie unterrichten auch Erwachsene.

Burbulla: Unsere älteste Schülerin ist 90 Jahre alt und spielt im Ensemble Rondo. In unserem Ensemble gibt es einige ältere Teilnehmer. Erwachsene Schüler haben wir etwa 50 bis 60. Denn wir sind vor allem eine Musikschule für Kinder und Jugendliche, das ist unser städtischer Auftrag.

Wie finden Kinder und Jugendliche denn zu ihrem Instrument?

Burbulla: Es gibt oft eine gewisse Vorprägung, wenn zu Hause ein Klavier steht, oder die Oma oder der Opa auch schon das Instrument gespielt haben. Bei unseren Kursen wie dem Instrumentenkarussell oder bei den Schnuppertagen gehen Kinder oft ganz spontan auf die verschiedenen Instrumente zu und zeigen ganz früh eine Vorliebe.

Krones: Da passiert es, dass die Eltern anregen wollen, auch andere Instrumente auszuprobieren, aber das Kind geht immer wieder zur Geige. Das hat sich dann in den Klang verliebt oder mag das Gefühl, das Instrument anzufassen. Dann passt es auch.

Burbulla: Weil viele Kinder zum Musizieren durch ihre Eltern kommen, finden wir es wichtig, auch mit nicht so bildungsaffinen Kindern zusammenzukommen. Das gelingt uns in den Grundschulen im Projekt Singpause.

Krones: Eine Kollegin von uns hatte das Projekt in Düsseldorf kennengelernt und war ganz begeistert. Ich habe dann eine Fortbildung für die damit verbundene Ward-Methode gemacht. Damals konnten nur die Schulen im Ruhrgebiet an dem Projekt Jeki (Jedes Kind lernt ein Instrument) teilnehmen. Der Kulturausschuss sagte damals: Wir machen unser eigenes Ding und nahm die Singpause im Schulentwicklungsplan auf. Das war ein ganz wichtiger Schritt, denn Musik braucht Sicherheit. Wir sind bundesweit die einzige Stadt, die das Projekt selbst finanziert. Fünf Lehrkräfte von uns gehen mittlerweile für die Singpause in die Schulen.

Burbulla: Daraus haben sich viele weitere Projekte entwickelt. Dadurch, dass wir zweimal wöchentlich für 20 Minuten in die Klassen gehen, im Tandem mit einem Lehrer, sind wir im ständigen Austausch. Wir begleiten Theaterstücke, haben Auftritte beim Tag der offenen Tür und geben gemeinsam Konzerte.

Krones: Mittlerweile kennen wir alle Meerbuscher Kinder. Und die Singpause wirkt sich positiv auf die Geschwister aus. Wenn ich heute in eine Kita oder eine erste Klasse gehe, singen die Kinder ganz anders als früher, das ist bemerkenswert.

Bemerken Sie Trends bei der Wahl des Instruments?

Burbulla: Klavier und Gitarre sind nach wie vor die Renner bei unserer stärksten Teilnehmergruppe zwischen zehn und 16 Jahren.

Ist in der Altersgruppe nicht auch der Bedarf groß, Pop- und Rockmusik zu machen?

Burbulla: Wir haben Bands für verschiedene Musikstile und die Jugendlichen können selber Songs schreiben, in unserem Tonstudio arbeiten und ihre Musik aufnehmen. Zum ersten Mal haben wir dort eine Musikschul-CD aufgenommen, als Andenken für Kinder und Familien.

Fachkräftemangel ist ein großes Thema, auch in der Musikschule?

Burbulla: Ja, in der Tat. Auch in den Musikschulen wechselt die Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand. Wir arbeiten nur mit professionell ausgebildeten Lehrkräften. Ein großer Teil des Lehrerkollegiums ist fest angestellt, das schafft Kontinuität. Zusätzlich gibt es freiberufliche Lehrkräfte. Neue qualifizierte Lehrkräfte zu finden wird allerdings schwieriger, da es nicht mehr genügend Studierende gibt, die das Fach Musikvermittlung und die Lehrtätigkeit an einer Musikschule anstreben. Gleichzeitig ist das Interesse von Eltern an außerschulischer musisch-kultureller Bildung in Meerbusch sehr groß. Wir brauchen deshalb dringend neue Lehrkräfte.

Unterrichten Sie selbst auch?

Burbulla: Ja, ich spiele Querflöte und liebe es, zu unterrichten. Es ist ein wunderbarer Beruf, weil man sehr frei und kreativ arbeiten kann. Außerdem ist es einfach schön und macht großen Spaß, die Schüler ganz persönlich und intensiv oft über Jahre hinweg zu begleiten, wie es besonders im Einzel- oder Kleingruppenunterricht möglich ist. Junge musikbegeisterte Menschen möchte ich deshalb ermutigen, diesen beruflichen Weg einzuschlagen.