Auch Mittlere Reife führt zu Erfolg
Realschule Osterath wirbt für sich und ihre Schularbeit. Sie rangiert bei vielen Eltern hinter Gymnasien auf Platz zwei.
Markus Siemes (43) und Marcel Ziebert (38) haben etwas gemeinsam: Sie sind beide frühere Schüler der Realschule Osterath. Seitdem sind beide flammende Fans dieses Schulssystems. Zwar hat Marcel später das Fachabi gemacht, aber beiden ist heute im Job wichtig, dass sie auch Realschüler einstellen und vor allem in Gesprächen mit den eigenen Kindern und vielen anderen im Beruf immer wieder sagen: „Man kann auch Erfolg haben, wenn man Mittlere Reife hat.“ Und genau dies ist auch die Botschaft von Schuldezernent Frank Maatz und Realschulleiter Burkhard Wahner. „Die Realschule bietet ein großes Portfolio an Chancen“, sagt Maatz, der gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Schulentwicklung in der Stadt an Präsentationsformen für die Schulen arbeitet. So entstehen zurzeit ein professioneller Film über die Schulen sowie eine Broschüre und werden verschiedene Orientierungen geboten.
Das Allentscheidende bei der Überlegung „Welche Schule für mein Kind“ ist natürlich der Elternwille — und genau bei dem hakt es manchmal, weiß Frank Maatz. Denn viele Lehrer empfehlen in ihren Grundschulgutachten zwar für viele Viertklässlern, dass sie besser auf der Realschule als auf dem Gymnasium aufgehoben wären, daran halten sich aber nicht alle Eltern. Sie schicken — oft auch aus Prestige-Gründen — ihr Kind aufs Gymnasium — „und ganz oft kommt es dort nicht zurecht“, haben Wahner und Maatz beobachtet. Mit dem Ergebnis, dass ganze Klassenzüge im siebten oder achten Schuljahr wechseln und dann doch auf die Realschule kommen. Wahner: „Manchmal könnten wir mit dem Schulformwechslern komplette Klassen füllen.“ Frank Maatz: „Für die Kinder sind diese gebrochenen Schulbiographien oft nicht so gut.“ Sein Appell richtet sich darum an die Eltern, die zurzeit nicht verbindlichen Grundschulgutachten zum Ende der vierten Klasse zu akzeptieren und das Kind nicht zwanghaft aufs Gymnasium zu schicken. Wahner: „Außerdem kann ja jeder auch nach der Mittleren Reife noch Abitur machen — draufsatteln kann man immer.“ In 80 Prozent der Schulwechsler-Fälle seien zum Ende der Grundschulzeit auch genau die Gutachten geschrieben worden, die eine Realschule empfohlen haben.
Für Markus Siemes und Marcel Ziebert hat sich die Phase nach der Realschule gut entwickelt. Markus Siemes machte nach der Mittleren Reife eine Lehre als Baumschulist und übernahm mit Anfang 20 den elterlichen Gartenbau-Betrieb. Seitdem stellt er liebend gerne Realschüler im Betrieb ein. Marcel Ziebert legte noch das Fachabi nach, machte seine Lehre in der Kfz-Branche und ist jetzt Werkstattleiter eines Autohauses in Osterath.
Beiden hat an der Realschule gut gefallen, dass sie dort nicht so extrem unter Druck standen. „Darauf legen wir auch Wert“, sagt Burkhard Wahner. „Bei uns sollen die Kinder behutsam gefordert und gefördert werden.“ Sein Credo: „Bei uns dürfen die Kinder länger Kind bleiben.“ Darum unterstützt Siemes auch seinen zehnjährigen Sohn, der von der Eichendorff-Schule auf die Realschule und nicht aufs Gymnasium wechseln will. Die 13-jährige Tochter besucht ein Gymnasium in Fischeln und „kämpft sich durch“, so der Vater. Rückblickend sind beide völlig zufrieden: „Das hat uns nicht weh getan, hier die Mittlere Reife zu machen.“