IHK will Markt digitaler aufstellen
Unternehmer sehen im Fachkräftemangel das größte Konjunkturrisiko und in der Digitalisierung die größte Herausforderung.Die Antwort der Kammer: eine IT-Jobbörse, die Absolventen akademischer und beruflicher Bildung gleichermaßen anspricht.
Diese beiden Priorisierungen überraschen auch Profis wie den IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz: Die Unternehmen sehen weder in der politischen Instabilität noch in der Energiewende das Konjunkturrisiko Nummer 1. Ihr größtes Sorgenkind ist der Fachkräftemangel. Der zweite Megatrend, den die Mitglieder der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein formulieren: Digitalisierung und Innovation, in Kombination mit Forschung und Entwicklung, sind die größten Herausforderungen, die auf Antworten warten. Erst dann folgen die Bereiche Infrastruktur und Fachkräfte, abgeschlagen rangiert das Thema Gewerbeflächen.
Der IHK-Regionalausschuss Neuss versucht, beide Stimmungsbilder aus den Mitgliedsbetrieben zu verbinden. Der Lösungsansatz ist eine Jobbörse, die digitale Perspektiven aufzeigt und ermöglicht, und die gleichzeitig die akademische und berufliche Bildung gleichwertig einbezieht. Die digitalen Möglichkeiten verändern Produkte und Prozesse und damit auch Firmen. „Wir müssen in der Wirtschaft Zukunftswerkstätten schaffen“, sagt der Neusser IHK-Vizepräsident Christoph Buchbender, „ich würde für Neuss das ehrgeizige Ziel definieren: 1000 neue Jobs mit einem digitalen Ansatz.“ Susanne Thywissen, ebenfalls Vize-Präsidentin, ergänzt: „Wir wollen Aufbruchstimmung verbreiten, in dem wir Berufe neu denken. Wir können das. Wir haben Experten und viele Ideen, die das schaffen.“ Sie weiß aus Erfahrung, dass „junge Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“.
Immerhin jeder fünfte Euro, den die Kommunen im Kammerbezirk einnehmen, stammt aus der Gewerbesteuer. Spitzenreiter ist die Stadt Neuss, dort werden mit einem 38-prozentigen Gewerbesteuer-Anteil gar zwei von fünf Euro, von der Wirtschaft eingezahlt. Daraus leitet Jürgen Steinmetz einen Anspruch ab: „Wir mischen uns aus gutem Grund in die politischen Diskussionen vor Ort ein: Die kommunalen Haushalte werden vor allem über die Gewerbesteuer getragen.“ Eine Linie, die im Präsidium geteilt wird. „Wir sind inhaltlicher geworden“, sagt IHK-Vize Buchbender, „wir diskutieren in den Teilregionen und verständigen uns auch auf wirtschaftspolitische Positionen.“ Auch Susanne Thywissen beobachtet eine „positive Betroffenheit“ unter den Mitgliedern und mehr „Meinungsäußerungen“.
Dass die Digitalisierung mit leistungsfähigen Glasfaser-Verbindungen auch in allen Gewerbegebieten im Rhein-Kreis Neuss vorangetrieben werden soll, wird von den IHK-Repräsentanten begrüßt. Darauf seien die Unternehmen angewiesen.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz formuliert die altbekannte Forderung erneut: „Wir müssen weitere Gewerbeflächen entwickeln, um über eine gute Vorratspolitik handlungsfähig zu bleiben.“ Mit Sorge sehe die IHK, dass im Rhein-Kreis Neuss der Anteil der Gewerbeflächen von einst 3,6 auf jetzt 3,4 Prozent abgeschmolzen sei. Nach Auffassung von Hauptgeschäftsführer Steinmetz müsse der Anteil „zumindest stabil“ gehalten werden. Die Reduzierung sei ein falsches Zeichen: „Wir brauchen weiterhin attraktive Grundstücke.“ Mit Verwunderung verfolge er die jüngste Diskussion in Neuss-Derikum, wo ein ausgewiesenes Gewerbegebiet an der Daimlerstraße unter Führung der CDU-Ratsfrau Waltraud Beyen auf Protest der Anlieger stoße. „Das ist nicht nach zu vollziehen. Die Fläche ist enorm wichtig.“