Auf Stimmenfang gegen das Turbo-Abi

Auch in Meerbusch setzen sich Eltern für die Rückkehr zum Abschluss nach neun Jahren ein.

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Meerbusch. Sechs Stunden Unterricht, kurze Mittagspause, zwei weitere Schulstunden, anschließend Hausaufgaben und Vorbereitung auf die Klassenarbeit — vielen Gymnasialschülern geht es in Meerbusch genauso wie andernorts in Nordrhein-Westfalen. Das Turbo-Abi „G8“ sorgt bereits bei Kindern ab der fünften Klasse für einen vollen Terminkalender.

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„Kinder brauchen Zeit für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Dazu gehört auch der Sportverein oder der Musikunterricht. Doch dafür ist bei dem Pensum, das die Schule erfordert, kaum oder keine Zeit mehr“, sagt Britta Borutta. Die Meerbuscherin ist Mutter von zwei Kindern und unterstützt die „Bürgerinitiative familiengerechte Schule und Bildung G-ib-8“, indem sie Unterschriften sammelt. Diese sollen nach einem Jahr der Landesregierung vorgelegt werden, um eine Volksabstimmung über die Länge der Gymnasialzeit möglich zu machen.

„Nach etwas mehr als vier Monaten haben wir bereits rund 25 000 Unterschriften gesammelt. 66 000 sind nötig, aber wir sind optimistisch, dass wir das innerhalb eines Jahres schaffen“, erklärt Borutta. Ihre Tochter besucht seit wenigen Tagen die sechste Klasse und muss aufgrund des Unterrichts am Nachmittag erste Hobbys hintanstellen. „Darunter leiden nicht nur die Kinder, sondern auch das Familienleben insgesamt“, sagt Borutta. Für sie und ihre Mitstreiter ist klar: Das Abitur nach acht Jahren auf der weiterführenden Schule muss abgeschafft werden.

Am kommenden Mittwoch (3. September) wird Britta Borutta sich im Rahmen der Arbeitsgruppen zum Runden Tisch vor dem NRW-Schulministerium in Düsseldorf einfinden. Die G8-Gegner hoffen, mit einer Versammlung an diesem Tag ihrem Anliegen Nachdruck verleihen zu können. Aus Sicht der Bürgerinitiative sind vermeintliche Verbesserungen bei G8 kein Kompromiss. „Diese Verbesserungen reduzieren die Qualität der Bildung enorm und werten das deutsche Abitur ab“, sagt Anja Nostadt von „G-ib-8“.

36 Unterrichtsstunden pro Woche plus Hausaufgaben sind aus Sicht der Bürgerinitiative deutlich zu viel. „Die Kinder führen vom Terminplan her bereits ein Erwachsenenleben“, erzählt Borutta aus eigener Erfahrung.

Landesschulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hatte sich immer wieder zum Abitur nach acht Jahren bekannt, lud aber bereits im Frühjahr erstmals zum Runden Tisch ein. An den Gesprächen nahmen neben den Vertretern von Schulen, Wissenschaft, Wirtschaft auch Politiker aller Landtagsfraktionen teil. Letzte Umfragen ergaben, dass rund drei Viertel der Bürger in NRW gegen das Turbo-Abitur sind. „Der Unterrichtsstoff wird sehr gedrängt vermittelt, es gibt keine Wiederholungen. So ist Lernen aus unserer Sicht wenig sinnvoll“, sagt Britta Borutta.