Die Beschämende Geschichte des Haus Meer
Herbert Jacobs erinnert an 20Jahre voller Baupläne und Versäumnisse.
Büderich. Die Historie von Haus Meer reicht bis in das 12.Jahrhundert zurück. Das denkmalgeschützte Areal hat aber auch eine jüngere Geschichte, die verbunden ist mit 40Jahren Stadtgeschichte Meerbusch. Die sei selten rühmlich gewesen und geprägt vom Verfall schützenswerten Kulturguts sowie des Stillstands bei Politik und Verwaltung, sagt Herbert Jacobs. "Es wurde beschlossen, verworfen, ausgesessen und getrickst - einfach beschämend", lautet sein harsches Urteil - und der Vorsitzende des Fördervereins Haus Meer schließt sich selbst ein.
Jacobs gestaltete in der neuen, bis auf den letzten Platz gefüllten Mediothek den Auftakt der zweiten Staffel der Vortragsreihe "40Jahre Meerbusch - Wie war das noch gleich damals?".
Er nahm erwartungsgemäß kein Blatt vor den Mund. Der Büdericher ist seit vielen Jahren ein engagierter Kämpfer für eine angemessene Nutzung des Geländes, aber auch akribischer Forscher. Er beleuchtet vor allem die 20Jahre ab 1960, nachdem der Gesamtverband evangelischer Kirchengemeinden Düsseldorf einen Großteil des Geländes (außer den Wirtschaftshof) Huberta von der Leyen abgekauft hatte. Der Käufer wollte ein zwölfstöckiges Altenheim errichten, während die Freifrau fest davon ausgegangen war, dass auf dem ehemaligen Klosterareal eine kirchliche Begegnungsstätte gebaut werde. "Das war eine Gigantonomie, gegen die niemand etwas unternehmen wollte", sagt Jacobs, hat aber auch eine Erklärung für die Untätigkeit: "Die Politik war zu dieser Zeit vollauf mit dem Abwehrkampf gegen die Eingemeindung von Meerbusch durch die umliegenden Großstädte beschäftigt."
Zwar sei in diese Dekade bis 1970 die Ausgrabung der Motte aus dem Sumpf der Altrheinschlinge gefallen, doch auch dieser "archäologische Fund von europäischem Rang" hätte niemanden ernsthaft dazu bewogen, die Stimme gegen eine derartig kommerzielle Nutzung von Haus Meer zu erheben. Parallel lief die "verruchte Diskussion" um den Ausbau der B222 nach Krefeld auf vier Spuren. "Die Trasse sollte quer durch den Park von Haus Meer verlaufen, das Teehäuschen hätte man wegrasiert", so Jacobs.
Das blieb den Meerbuschern ebenso erspart wie der Bau des Altenheims, das ein Ebenbild von Haus Lörrick mit 450 Wohneinheiten hätte werden sollen. Die Pläne des Architekten vergilbten in der Schreibtischschublade, die Auflagen von Denkmal- und Naturschutz waren zu hoch.
Über zwei Millionen Mark habe der Gesamtverband evangelischer Kirchengemeinden Düsseldorf wohl in Kauf und Planung investiert, spekuliert Jacobs. "Doch außer Spesen nix gewesen", bilanziert er schnippisch.
1978 wurden Park und Schlossgrundstück weiterverkauft, seitdem seien beide durch viele Hände gegangen. "Es waren seriöse Baufirmen dabei und mancher Pleitegeier. Was alle bis heute vereint, ist die eines Tages eintretende Erkenntnis, dass in dieses Areal keine Rentabilität reinzukriegen ist. Egal, was oder wie man dort bauen will, es hat sich alles entweder als Utopie oder totaler Mumpitz herausgestellt. Das Grundstück ist auf dem Markt tot", betont Jacobs. Das Baurecht sei inzwischen aufgehoben und die Erkenntnis gereift, "dass Haus Meer das signifikante Zentrum von Meerbusch ist".