Ein Leben voller Leidenschaft für Bücher

Der bekannteste Buchhändler der Stadt, Konrad Mönter, wird heute 85 Jahre alt.

Wenn er Besucher durchs Haus führt, sagt Konrad Mönter, benutzt er den Handlauf nicht. Dann geht er frei und sicher die vielen Stufen hinauf in die zweite und dritte Etage seiner Buchhandlung. Sie halten ihn fit, diese Treppen. Seine Bücher tun das auch. Das Lesen, sagt Mönter, kann große Entspannung bedeuten. Für ihn ist es manchmal auch Arbeit, Pflichtlektüre. Um seine Kunden beraten zu können, muss er sich auskennen, mit der Zeit gehen.

85 Jahre Konrad Mönter bedeutet auch 35 Jahre Buch- und Kunstkabinett Mönter in Osterath. Denn Mönter musste 50 werden, bis er sich den Traum von der Selbstständigkeit als Buchhändler erfüllte, bis er als Banker genug gespart hatte und seine Frau fragte, ob man es in den Räumen am Kirchplatz in Osterath mal versuchen sollte. Seine Liebe zur Literatur entdeckte er früher.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Konrad Mönter, Buchhändler

Es ist die Kindheit während des Krieges, die in ihm einen Lesehunger entfacht, den er bis heute zu stillen versucht. Die Bücher, die gelesen werden dürfen, sind damals begrenzt und einfältig. Die Kriegsjahre verbringt er auf dem Bauernhof seines Onkels, liest vor allem religiöse und philosophische Bücher. Sie prägen den katholisch erzogenen Jungen. Auch heute noch: „Ich habe einen direkten Draht zum lieben Gott“, sagt er. Was die Literatur betrifft, hat Mönter über die Jahre eine Affinität für vergessene Bücher entwickelt. Ein ganzes Schaufenster widmet er Literatur, die nicht populär ist, aber noch immer Bestand hat, anspruchsvoll ist und auch nach vielen Jahren so lesenswert wie damals. Diese in Vergessenheit geratenen Werke zu entdecken, ist für Mönter Ansporn. „Es ist ein Geschenk, dass ich mit 85 Jahren meine Neugierde nicht verloren habe.“

Oben unterm Dach, in der dritten Etage, steht sein Schreibtisch, daneben der Kamin. Zwei Schubladen voll mit Briefen hat er gesammelt. Von Künstlern, die sich für seine Unterstützung bedanken. Jungen Pianisten und jungen Künstlern hat Mönter eine Plattform geboten. Dass viele von ihnen heute international bekannt sind, freut ihn. „Das zeigt, dass man das richtige Auge oder das richtige Gehör für den Künstler hatte.“ Auch viele Bücher, die noch gelesen werden wollen, stapeln sich. Manche liest er zweimal, immer diszipliniert am Schreibtisch, gerne mit einem Glas Rotwein.

Wenn er zurückdenkt, sieht er Menschen auf den Treppenstufen sitzen, bei den Treppenhauskonzerten, die es damals gab. „Das war unglaublich schön.“ Berühmte Menschen gingen bei Mönter ein und aus. „So eine Buchhandlung wie hier gibt es nirgends mehr“, sagte einst der Schriftsteller Martin Walser bei einem Besuch.

Noch 15 Jahre zu leben sei sein Ziel, sagt Mönter. Hundert werden. Und noch ein paar Jahre weiterarbeiten. „Es macht immer noch Freude. Der Kontakt zu den Kunden, das ist ein Stück Lebenselixier.“ Gespräche mit denen, die mit ihm über Autoren fachsimpeln, die sich auf seine Expertise verlassen und sein Lebenswerk schätzen — das hält ihn jung. Manchmal jedoch sei es auch ein bisschen viel. Die vielen Lebensjahre haben ihre Spuren hinterlassen. Man muss etwas lauter sprechen mit Konrad Mönter heutzutage. Seinen Charme und seine Lebensfreude hat er nicht verloren.

Seit Jahren schon sucht der Buchhändler nach einem Nachfolger. Nach jemandem, der das Geschäft in seinem Sinne in dieser oder ähnlicher Weise weiterführt. Seine drei Kinder fallen aus: Chemiker, Jurist und Therapeutin sind sie geworden. Bisher hat er niemanden gefunden.

E-Books, das Internet — das Geschäft ist in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden. Doch Konrad Mönter versteht es, mehr zu bieten, die Menschen in sein Kabinett zu holen mit Ausstellungen, Lesungen, Konzerten. Und er kann seine Leidenschaft so gut vermitteln wie sonst wohl nur wenige. „Nehmen Sie mal eine Lederausgabe von Goethe oder Schiller in die Hand und riechen Sie daran“, sagt er. Dann spüre man sie — die Sinnlichkeit eines Buches.