„Ein Maskottchen wäre nicht schlecht“
Vor einem Jahr fusionierten der TuS Bösinghoven und der ASV Lank zum TSV Meerbusch. Der Vorsitzende Johannes Peters zieht im Gespräch eine Bilanz.
Herr Peters, wie ist Ihr Gefühl ein Jahr nach dem Zusammenschluss der beiden Vereine? Werden Sie als Fusionsclub kritischer beäugt als sogenannte Traditionsvereine? Anders gefragt: Sind Sie jetzt die TSG Hoffenheim der Oberliga?
Johannes Peters: Häme gibt es nicht, ich höre weitestgehend Positives. Und was das Thema Tradition angeht: Ich lese aufmerksam die Stadionzeitungen bei unseren Gastspielen. Da wird immer geschrieben, welche Erfolge wir schon erreicht haben, dass wir schon einmal Tabellenerster waren. Und es steht auch immer drin, wo wir herkommen — immer werden TuS Bösinghoven und der ASV Lank erwähnt.
Wie viele Präsidenten anderer Vereine haben sich schon bei Ihnen erkundigt, wie das geht mit so einer Fusion?
Peters: Das waren schon einige. Aus Krefeld war jemand da, auch aus Grefrath.
Welche Außenwirkung nehmen Sie wahr? Der Verein hat jetzt keinen Stadtteilnamen mehr, sondern steht sozusagen für Meerbusch.
Peters: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es für die Außenwirkung Meerbuschs zuträglich ist. Wenn wir früher als TuS Bösinghoven zum Wuppertaler SV kamen, dann fragte man uns: Wo liegt eigentlich Bösinghoven? Meerbusch kennen sie aber alle. Markenwerbung, das ist eines unserer nächsten Ziele.
Wie ist die Fusion technisch gelungen aus Ihrer Sicht?
Peters: Es ist eine Riesenverantwortung für einen Ehrenamtler wie mich. Ich bin 68 Jahre alt. Ich kann es nicht mehr ewig machen. Deshalb sind wir dabei, zwei Geschäftsstellen zusammenzuführen, die Prozesse zusammenzubringen. Jeder hat vorher gemeint, er macht es ganz toll. Da schließe ich uns, den TuS Bösinghoven, nicht aus. Es muss jetzt besser werden. Jede Person muss sich zurechtfinden.
Wie viel Prozent der Fusion haben Sie schon erreicht?
Peters: Auf einer Skala von eins bis zehn sind wir bei 7,5, würde ich sagen. Man muss bedenken, dass in einem Sportverein die Prozesse dieselben sind wie in einer kleinen Firma. Die Stammdaten müssen gut verwaltet sein, es muss ein Mahnwesen geben. Es muss Leute geben, die im Prozess denken können, mal links und rechts schauen.
Konnten Sie sich Ratschläge anderer fusionierter Clubs holen, was hat geholfen?
Peters: Es gab keine Blaupause für eine Fusion, wegen der Emotion, wegen der Vielfalt an Meinungen. Es gibt eine Beraterin, die zieht durch ganz NRW und berät die Vereine. Sie kann bestimmte Eckpunkte nennen: Eine neue Satzung muss her, neue Ordnungen. Das Formaljuristische ist einem schon bekannt.
Geht die Tendenz nicht dahin, dass Vereine zunehmend fusionieren müssen, weil die Strukturen in jetziger Form nicht ausreichen?
Peters: Das ist vollkommen korrekt. Es gibt zwei wichtige Punkte: Die Sportstätten verfallen mancherorts und das ehrenamtliche Engagement geht zurück. Da sind Fusionen vielerorts zwingend. Dazu wird die Vereinswelt immer komplexer. Die Vorgaben sind für die Kleinen genau wie für die Großen. Da kann man sich so leicht verhaspeln und verstricken.
Wie haben sich Ihre Mitgliedsbeiträge entwickelt?
Peters: Die Abteilungsversammlungen sind alle gewesen. Vier Abteilungen haben ihre Beiträge für 2017 erhöht. Man muss wissen: Die Beitragshöhe ist die Hoheit der Abteilung. Der Vorstand muss es genehmigen. Jede Abteilung wiederum muss dann einen Beitrag an den Verein abtragen. Bei uns sind das 2,70 Euro pro Mitglied im Monat. Dieser Betrag ist nicht verändert worden. Das sind 32,40 Euro im Jahr, da kommt man so knapp mit hin. Wir haben das Glück, dass wir in Bösinghoven keine Miete zahlen, weil wir die alte Schule saniert haben mit eigenen Mitteln. Wir haben damals ein echtes Sportcenter daraus gebaut.
Sie reden viel über den technischen Aspekt: Aber wie hat die Fusion die Mitglieder im Herzen erreicht? Fühlen die sich als TSV Meerbusch?
Peters: So ganz sicherlich noch nicht. Bei mir ist der Pulsmesser meine eigene Frau. Die ist heute seit 8 Uhr beim Sport in Bösinghoven. Die berichtet mir, dass viele noch TuS und ASV sagen, sie sprechen von „wir“ und „ihr“. Man muss wissen, dass sich ja im Grunde für viele nichts geändert hat. Die meisten machen immer noch in der gleichen Halle Sport mit den gleichen Übungsleitern.
Den größten Wandel musste wahrscheinlich die Fußballabteilung vollziehen?
Peters: Da sind beide Abteilungen zusammengebracht worden. Das war der größte Akt, allein die Spielberechtigung für die Spieler zu bekommen, war mühsam.
Wie ist es mit Marketingmaßnahmen? Noch hat der TSV kein Maskottchen.
Peters: Die Meerbusch-Identität im Verein ist nicht sehr ausgeprägt. Das Miteinander in einer so zerklüfteten Stadt ist schwierig zu schaffen. Ein Maskottchen oder eine Symbolfigur wäre da nicht schlecht. Aber auch Maßnahmen im sozialen Bereich und Sponsoring sind wichtig. Wir unterstützen beispielsweise mit den Silvesterläufen den Verein „Meerbusch hilft“.
Fußball als Integrationshelfer — wie klappt das bei Ihnen?
Peters: Wir versuchen das erfolgreich. Wir haben 20 Syrer, die bei uns dabei sind. Einen beschäftigen wir, Abdullah hat schon einen Anerkannt-Status. Er macht bei uns die Rasenpflege. Jeder, der Sport machen will, ist bei uns willkommen. Die Flüchtlinge zahlen bei uns auch keinen Beitrag, da muss man gar nicht drüber reden. Integration klappt am besten, indem die Leute einfach dabei sind.
Die einfachste Identifikation der Meerbuscher mit dem TSV gelingt aber wohl über den sportlichen Erfolg.
Peters: Unser Projekt wird natürlich in den anderen Vereinen mit Argusaugen betrachtet. Deshalb gilt: Wenn wir absteigen würden, würden sich sicherlich auch einige freuen. Damit muss man leben.
Spiele wie gegen Fortuna Düsseldorf helfen, den Verein populär zu machen.
Peters: Das wollen wir ausbauen. Bei diesem Spiel habe ich Leute hier gesehen, die waren schon lange nicht mehr am Sportplatz. Ich habe manchmal das Gefühl, wir sind in den umliegenden Kommunen bekannter als in Meerbusch selbst.