Fluglärm: „Das ist ein Trauerspiel“
Bürger gegen Fluglärm: 300 Ausnahmen im Jahr sind inakzeptabel.
Meerbusch. Kein prominenter Besucher war als Redner geladen, und der neue Vorsitzende der Fluglärmkommission, Tönisvorsts Bürgermeister Thomas Goßen, erschien als zurückhaltender Zuhörer: Das gab Christoph Lange, dem Vorsitzenden der Initiative Bürger gegen Fluglärm (BgF), bei der Jahreshauptversammlung am Mittwochabend Gelegenheit, die Erfolge und Misserfolge des Kampfs gegen den Fluglärm zu betrachten.
Mittlerweile richtet die BgF ihren Blick auf Deutschland und Europa, doch der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten liegt nach wie vor in Düsseldorf — bei den „Lieblingsfeinden“ im Flughafenmanagement und im Ministerium.
Gewohnt kämpferisch schimpfte Lange über das „Kleinrechnen von Lärm und Belastungen“, über Manipulationen und Betrug.
So würden im Nachtflugreport des Flughafens die kritischen nächtlichen oder frühmorgendlichen Flugbewegungen in Relation zu den Tagesbewegungen gesetzt. Betrachte man die Betriebsgenehmigung des Flughafens, „gibt es nicht 60, sondern 300 Ausnahmen im Jahr. Das ist ein Trauerspiel“, sagt Lange, und ergänzt gewohnt deutlich: „Wer das noch für eine Ausnahme hält, der hat sie doch nicht mehr alle.“
Dezidiert gingen er und seine Vorstandskollegen auf die Untersuchungen über die gesundheitlichen Folgen vor allem des nächtlichen Fluglärms ein: Erschreckende Ergebnisse, die das Umweltbundesamt vorgelegt hat: Kreislauf, Herz und Kopf reagierten auf die Belastungen, selbst wenn sich Menschen nicht gestört fühlten.
Auch die Tatsache, dass die Zahl der Flüge zurückgegangen sei, sei nicht nur positiv: „2012 gab es weniger Flugbewegungen, aber mehr Nachtflüge.“
Dennoch sieht Christoph Lange den Erfolg des Vereins: Seit den Protesten der Fluglärmgegner 2005 seien die Tage, an denen es nach 23 Uhr noch Flüge gegeben habe, von 354 auf 280 gesunken.
„Druck, Druck Druck“ lautet Langes Rezept, um Flughafen, Ministerium und Politik von seinem Anliegen zu überzeugen. Die BgF formuliert den Anspruch, die Interessen von 865 000 Lärmbetroffenen und rund drei Millionen Abgasbetroffenen wahrzunehmen. Dazu ziehe man auch vor Gericht, national und auf europäischer Ebene. Höchst aufmerksam, so Lange, beobachte man zurzeit das Bestreben, die Genehmigung für noch mehr Flüge zu erhalten. Es gelte, den Angerlandvergleich zu bewahren. „Wenn der wegfällt, ist der rechtliche Deckel weg.“