Meerbusch Historisch Bauern zahlen Lösegeld für Rind und Kuh

Bösinghoven · Tierhalter aus Oppum mussten 1691 in Ossum ein Rind und eine Kuh auslösen, die dort geweidet hatten.

Auf dem Ossumer Gerfershof wurde das 1691 sichergestellte Vieh aus Oppum während des Prozesses eingestallt.

Foto: Mike Kunze

Die Grenze zwischen Ossum-Bösinghoven und Oppum war schon immer ein echter Zankapfel – zumindest, solange eine der beiden Honschaften ihre angestammten wirtschaftlichen Rechte verletzt sah. Das war etwa im Jahre 1691 so. Am 27. September dieses Jahres klagte die Honschafft Ossum und Bösinghoven nämlich gegen das benachbarte Dorf, weil dieses offensichtlich althergebrachte Weiderechte verletzt hatte.

Nun muss man sich vorstellen, dass zwischen beiden Orten damals noch ein respektables Waldband lag und an dessen Rändern Weideflächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden durften. Im Verhältnis zum jeweiligen Grundbesitz wurden Schweine, Gänse oder in diesem Fall Kühe zur Weide ausgetrieben, zur sogenannten Trift. Das sparte wertvolles Futter und war überhaupt wesentliche Grundlage der Viehhaltung, die zur Gewinnung von Milch, Eiern, Fleisch und Rohmaterial wie Federn oder Lerder unverzichtbar war.

Jahrhunderte lang bezeichneten Waldbänder die Grenzsäume zwischen rechtlichen Einheiten. Aber sie wurden mit zunehmender Bevölkerung immer schmaler und die Nutzung immer intensiver, so dass ein Grenzsaum bald nicht mehr reichte, man benötigte eine klare Abgrenzung, die durch so genannte Landwehren – eine Kombination aus Wall und Graben – gekennzeichnet wurde.

Verirrte sich nun ein Stück Vieh auf die falsche Seite, so wurde es im Falle einer Entdeckung sichergestellt. Waren die Weideflächen weiter vom Dorf entfernt, gab es so genannte Hütungen, in deren Mitte ein kleines, einfaches Haus als Schlafplatz des Hirten oder Schutz vor Unwetter stand – man nannte es schnell Hütte. Dort wurden diese fremden Tiere bewacht, bis die reuigen Besitzer es gegen ein Strafgeld auslösten.

Oppumer Tierhalter gaben vor, das Vieh habe sich bloß verlaufen

Im Falle von Bösinghoven und Ossum war die Entfernung gering und in solchen Fällen fungierte ein bestimmter Hof als Sicherungsort. Im konkreten Fall hatten Adelheit Schleuterß und Johann Gerfertz, die auf dem noch existierenden Gerferßhof lebten, eine rotgestreifte Kuh und ein Rind aufgenommen. Natürlich ließ man sich die Versorgung neben der Strafe auch noch bezahlen. Der Wert des Viehs wurde mit 16 ½ Reichsthalern angegeben, einer damals stolzen Summe. Für viele Knechte und Mägde war dies mehr als das jährliche Taschengeld, das ihnen neben freier Kost, Unterkunft und Arbeitskleidung als Bezahlung zustand.

Offensichtlich hatten die Oppumer sogar vor dem Hohen Weltlichen Gericht zu Köln gegen diese Maßnahme ihrer Nachbarn protestiert. Das war eines der höchsten Gerichte im damaligen Kurfürstentum Köln und dieses verwies die Regelung der weiteren Details an das Freie Schwertgericht von Amt und Stadt Linn. Vermutlich wollten die Oppumer Tierhalter straffrei ausgehen und gaben vor, das Vieh habe sich bloß verlaufen. Sonst hätte der Gang nach Köln auch gar keinen Sinn gehabt.

Das Kölner Gericht scheint aber nicht an ein Versehen geglaubt zu haben und die Linner Kollegen hatten Johann auffm Rath – einen nicht involvierten Bauern – mit der Schätzung der beiden Tiere beauftragt. Das war offenbar nötig, weil das Ehepaar zwar bereit war, dem üblichen Gebrauch entsprechend die Tiere wieder herauszugeben, aber es verlangte, dass die entstandenen Kosten beglichen oder zumindest ein angemessenes Pfand hinterlegt würde. Dieser Sichtweise schloss sich das Linner Gericht natürlich an und bürdete zugleich die Gerichtskosten den Oppumern auf.