Kunst: Millimeterarbeit einer Restauratorin
Maren Romen schildert im Alten Küsterhaus die „Reparatur“ eines Mataré-Werkes.
Büderich. Ewald Mataré galt als genialer Bildhauer und Grafiker. Dass er auch Gemälde geschaffen hat, ist weniger bekannt. Eines davon, das Porträt seiner guten Bekannten Elisabeth Smitz-Delhaes aus dem Jahr 1914, war lange in Privatbesitz und ist erst kürzlich bei einer Auktion wieder aufgetaucht.
Allerdings: Der Zustand ließ zu wünschen übrig. Zerknittert und deformiert hatte das Ölgemälde Beulen geworfen und wies Risse auf. Rußspuren zeugten davon, dass es wohl über einem Kamin gehangen haben muss.
Vom Museum Kurhaus Kleve, das in den Besitz des Gemäldes gekommen ist, erhielt Maren Romen den Auftrag, das Bild zu restaurieren. Einen Einblick in ihre fünf Monate andauernde Arbeit gewährte sie jetzt im Alten Küsterhaus — und brachte das Ergebnis ihrer Bemühungen als Leihgabe gleich mit. Das interessierte derart viele Kunstliebhaber, dass kein Stuhl freiblieb.
Da Mataré so wenige Bilder gemalt hat, konnte Romen nicht von den Erkenntnissen anderer Experten zehren. „Ich brauchte zunächst ein Konzept: Was kann ich machen? Und was davon darf ich überhaupt machen?“ Sie holte sich dafür die Zustimmung von Sonja Mataré, der Tochter des 1965 in Büderich gestorbenen Künstlers.
Auch die Einbettung in den kunsthistorischen Kontext gehört zu den ersten Schritten: „Ewald Mataré war 1914 Schüler an der Berliner Kunstakademie. Der dicke Pinselduktus auf dem Bild spricht für eine Hinwendung zum Expressionismus zu dieser Zeit“, sagt die Mutter von drei Kindern.
Zwei Dinge hat die Restauratorin aus Kalkar, die auch schon bei Van Goghs Hand angelegt hat, bereits ohne digitales Mikroskop erkannt: Der billige Holzrahmen, den Mataré aus Geldnot mehrfach verwendet hat, musste durch einen stabilen Keilrahmen ersetzt werden.
Außerdem: Ein Verfahren aus den 60er Jahren, eine aus Wachs und Harz getränkte Masse auf die Rückseite aufzutragen, um das Bild zu stabilisieren, hat sich aus heutiger Sicht als kontraproduktiv herausgestellt. „Das Gemälde versprödete stattdessen und alterte schneller“, erklärt Romen. Die Schicht habe sich außerdem geradezu durch die fast 100 Jahre alte Leinwand gefressen und die Farben angegriffen.
Auch Staub, Schmutz und Rußpartikel sowie mehrere Firnisschichten als Schutz vor Oxidation und Licht musste die Restauratorin entfernen, um das Original wieder herzustellen. War das erledigt, hat Romen unter die Schollen der Risse flüssiges Bindemittel geträufelt und das Bild mit einem kleinen Wärmespachtel wieder „glattgebügelt“. Mit einem feinen Lösungsmittelgemisch wurden Firnis und Schmutz per Wattestäbchen beseitigt, ohne die Ölmalerei anzugreifen. „Millimeter für Millimeter“, wie die Expertin betont.
Übermalungen wurden mit einem feinen Skalpell beseitigt. Auf einem Niederdrucktisch konnte Romen zudem mit Fließtüchern die Wachsschicht entfernen. „1,2 Liter Wachs sind so heruntergekommen. Im Anschluss wirkte das Bild wie nach einer Wellnessmassage regelrecht entspannt“, erzählt die 43-Jährige.
Alles, was Maren Romen unternommen hat, um dem Gemälde seinen alten Glanz zurückzugeben, sei jedoch reversibel und in einem Bericht peinlich genau dokumentiert. „Womöglich ist die Technik in ein paar Jahren viel weiter und in der Lage, ein noch besseres Ergebnis zu erzielen“, begründet sie.
Bis dahin gibt die Restauratorin ihr Bestes, ohne dass sie für die Kunstwelt als Person in Erscheinung tritt. Denn: „Wenn man sieht, dass ich gearbeitet habe, habe ich schlecht gearbeitet.“