"Meerbusch-Kunst": Wie Geometrie und Ästhetik in Harmonie verschmelzen
Stadt widmet Hermann Focke im Rahmen ihrer Serie „Meerbusch-Kunst“ eine Retrospektive.
Lank. Im April wird Hermann Focke 90 Jahre alt. Das allein würde kaum ausreichen, dem Mataré-Meisterschüler im Rahmen der Reihe „Meerbusch-Kunst“ eine Ausstellung in der Teloy-Mühle zu widmen. Dass der Maler und Bildhauer im Stadtgebiet und insbesondere in der evangelischen Bethlehemkirche, wo er Portal und Altarkreuz gestaltet hat, Spuren hinterlassen hat, ist da schon eher ein Grund. Die ausschlaggebende Rechtfertigung für die Retrospektive, die morgen eröffnet wird, ist aber wohl, dass Focke einfach ein großartiger Künstler ist.
Seine Skulpturen aus Kupfer und Zinkblech zeugen ebenso von seiner Fingerfertigkeit wie die feinen Kalligraphien oder die listig verschachtelten Aquarell-Bilder, in denen der Betrachter immer wieder Neues zu entdecken glaubt. Es sind aber vor allem die abstrakten Faltobjekte, die erstaunen.
Zwar sagt der 89-Jährige, seine Hände würden inzwischen zittern, daher könne er seine Arbeiten auch nicht signieren, sondern nutze einen kleinen Stempel. Dass er gleichzeitig aber in der Lage ist, derart filigrane, geometrisch aufwendige Kunstwerke aus Papier zu formen und zu falten, ist für ihn kein Widerspruch: „Die Arbeit hat eine meditative Dimension, die Hände werden ruhig.“
Focke war 60 Jahre alt, als er den kompletten Bruch mit seinen zuvor immer noch vielfach von Mataré inspirierten Werken wagte und sich der von Kunsttheoretiker Hugo Kükelhaus beeinflussten Faltkunst zuwandte. „Bestimmte Gesetzmäßigkeiten von Geometrie und Mathematik mit Ästhetik in Einklang zu bringen, das war für mich eine neue Herausforderung und letztlich wie eine Befreiung“, sagt der viel gereiste Bildhauer, der vor allem die japanischen Einflüsse auf seine Kunst nicht leugnen will.
Hermann Focke ist auch im hohen Alter noch ein unbändiger, selten mit sich zufriedener Vielschaffender: „Ich arbeite, horche dann ein wenig auf der Matratze, wache panisch auf und begebe mich sofort wieder ans Werk“, beschreibt der in Düsseldorf wohnende Künstler seinen Alltag. Würde er das nicht mehr so machen, „könnte ich ja genauso gut auch sterben“.