Stadtplanung in Meerbusch Haus Meer: Widerstand gegen Pläne

Büderich · In drei nicht-öffentlichen Sitzungen hatte ein Investor über seine Pläne informiert, auf dem Gelände eine Seniorenresidenz zu bauen.

Bürger nutzen beim Tag der offenen Gartenpforte die Gelegenheit für einen Besuch des Gartendenkmals von Haus Meer.

Foto: RP/Dominik Schneider

Im Vorgriff auf die gemeinsame Sitzung von Kultur- und Planungsausschuss am 7. September verschärft sich die Auseinandersetzung um die Pläne für Haus Meer und den Erhalt der Denkmäler. Die Fraktion Grün-alternativ stellt die neuen Planungen komplett in Frage und beantragt, „die vorgestellten Planungen einer Seniorenresidenz mit circa 250 Wohneinheiten, verbunden mit einer Bebauung des Gartendenkmals Haus Meer, nicht weiter zu verfolgen“.

Darüber hinaus stellt Grün-alternativ den Antrag, dass die Stadt den Eigentümer von Haus Meer auffordern soll, für den sach- und fachgerechten Schutz der baulichen Denkmale zu sorgen. Sollte die Umsetzung zumindest der dringendsten Maßnahme wie für die Remise nicht bis zum Winter 2023 absehbar sein, fordert die Fraktion die Stadt auf, Ersatzmaßnahmen vorzunehmen, um weiteren Substanzverlust zu verhindern – also selbst auf Kosten des Eigentümers Arbeiten zu beauftragen.

Dies hatte die Stadt 2004 erfolgreich umgesetzt. Irmtraud Richter, die sich mit anderen Bürgern bei früheren Planungen zur Initiative „Rettet Haus Meer“ zusammengeschlossen hatte, fordert in einem offenen Brief ebenfalls die Stadt auf, aktiv zu werden. „Da ein Einverständnis Ihrer Behörde für Sicherungsmaßnahmen vorliegt, ist es unverständlich, warum die Arbeiten nicht unverzüglich in Angriff genommen werden.“

Für den Erhalt der Remise besteht dringender Handlungsbedarf.

Foto: RP/Dominik Schneider

Auf Anfrage der Redaktion teilte der Eigentümer mit, er warte seit einigen Wochen auf die Baufreigabe der unteren Denkmalbehörde. Sobald diese vorliege, könnten die Fördermittel beantragt werden. „Zudem konnte bisher trotz intensiver Bemühungen kein Handwerker für den Bau der Überdachung gefunden werden; es handelt sich wegen seiner Größe und dem historischen Baubestand sowie der sonstigen Denkmäler um ein sehr anspruchsvolles Bauvorhaben“, heißt es in dem Schreiben. Er bemühe sich um eine schnelle Umsetzung, doch die liege nicht allein in seiner Hand. Konfrontiert mit dieser Darstellung, erklärt die Stadt auf Anfrage: „Dem Eigentümer von Haus Meer liegt seit Januar 2023 die Baugenehmigung für einen Schutzbau der Remise vor. Teil der Baugenehmigung ist die denkmalrechtliche Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde mit entsprechenden Auflagen, die der Bauherr zu erfüllen hat.“ Darüber hinaus verweist die Stadt darauf, dass die Verwaltung zu den aufgeworfenen Fragen in der Ausschusssitzung am 7. September Stellung nimmt.

Pläne, das Areal von Haus Meer zu bebauen, gibt es seit mehr als 20 Jahren immer wieder. Damit einher geht die Verpflichtung, für den Erhalt der Denkmäler zu sorgen. Bislang sind alle Projekte an den Auflagen für den Denkmalschutz gescheitert. 2016, noch unter dem vorigen Eigentümer Roland Agne, hatte das Amt für Denkmalpflege des LVR den Plänen der taiwanesischen Regent-Gruppe für den Bau eines Luxushotels eine Absage erteilt.

Der damalige Knackpunkt: Das Gebäude sollte über die Grenzen des eigentlichen Schlosses hinaus errichtet werden. Doch archäologische Grabungen in dem Bereich förderten damals historisch bedeutsame Funde einer metallzeitlichen Siedlung im Boden zutage. Aus diesem Grund durfte der Bau des Hotels nicht nördlich des Standorts des alten Schlosses ausgeweitet werden. Die Investoren sahen daraufhin keine Perspektive das Hotel wirtschaftlich zu betreiben. Sie hatten ein Angebot von 80 Betten angestrebt.

Dass nun mit einer Seniorenresidenz für circa 250 Wohneinheiten in noch größerem Stil auf dem historischen Gelände von Haus Meer gebaut werden soll, irritiert Bürger und Politiker, die sich bereits lange mit Haus Meer beschäftigen. „Die aktuellen Planungen stellen alle bisherigen und verworfenen Vorhaben der letzten 20 Jahre komplett in den Schatten“, schreibt Peters.

Woher der Sinneswandel kommt, deutet die Stadtverwaltung in einem Schreiben an Jürgen Peters an. Darin berichtet die Stadtverwaltung von positiven Signalen der relevanten Behörden: Die ersten Sondierungsgespräche mit der Aufsichts- sowie der Denkmalbehörde hätten die Möglichkeit einer erfolgreichen Entwicklung nicht ausgeschlossen, heißt es darin. Da das Konzept mit den Seniorenwohnungen zudem als sehr passend für Meerbusch eingestuft wurde und die „bereits früh gezeigte Tiefe der Überlegungen“ hätten den Vorstand der Stadtverwaltung schließlich bewogen, die Planungen in ersten Sondierungsgesprächen mit der Politik vorstellen zu lassen.

Letzte Instanz bei Planungen mit Denkmalschutz ist das Heimatministerium NRW. Dort wurden die Beteiligten bereits vorstellig. Die Stadtverwaltung berichtet, der Investor, der Eigentümer und die Stadt hätten dort das Konzept ebenfalls vorgestellt. Die Ministerin habe großes Interesse an der Entwicklung von Haus Meer gezeigt und ihre grundsätzliche Unterstützung hierzu signalisiert, schreibt die Stadtverwaltung. Hintergrund für eine neue Einschätzung der Lage könnte vor allem das im vorigen Jahr verabschiedete neue Denkmalschutzgesetz sein.

Das neue Denkmalschutzgesetz ist seit 1. Juni 2022 in Kraft. Gegen die damit verbundenen Änderungen waren Denkmalschützer aus Protest vor den Landtag gezogen: „Denkmalsturz statt Denkmalschutz“, lautete die Parole auf den Plakaten. Denn mit dem Gesetz werden die unabhängigen Fachämter, in diesem Fall die Denkmalschutzbehörde des Landschaftsverbands Rheinland, geschwächt. Die Stadt kann mit ihrer Unteren Denkmalschutzbehörde in Fragen des Denkmalschutzes nun selbst
entscheiden.

Experten befürchten, dass auf diesem Weg unter dem Druck politischer Entscheidungen und immobilienwirtschaftlicher Interessen, der Denkmalschutz zurückgedrängt wird. So sieht das neue Gesetz vor, dass etwa die Belange des Wohnungsbaus in einem Abwägungsprozess berücksichtigt werden sollen. Da es bei den Plänen für die Seniorenresidenz um Wohnungen geht, könnten Investoren demnach neuen Gestaltungsspielraum erhalten. Wie das genau aussehen könnte, ist allerdings unklar.