Mütterzentrum hat einen festen Platz in der Siedlung
Das Angebot von Stadt und Awo zur Integration in der Böhlersiedlung wird intensiv genutzt.
Büderich. Einstimmig wurde im letzten Jugendhilfeausschuss beschlossen, das Awo-Mütterprojekt in der Böhlersiedlung fortzuführen. Zurecht, wie dem Sachbericht der vergangenen zwölf Monate bis Juli zu entnehmen ist, der im Integrationsrat vorgelegt wurde.
Die Zielgruppe, die man zu erreichen erhoffte, ist weit größer als gedacht. Allein die türkische Frauengruppe umfasst inzwischen 40 Teilnehmerinnen. Die Kosten für die Stadt betragen 21 000 Euro im Jahr.
75 Prozent der Besucher sind Frauen mit ihren bis zu zwölf Jahre alten Kindern, wie eine Befragung unter den Ratsuchenden ergab. 80 Prozent kommen entweder aus der Türkei oder aus russischsprachigen Ländern. Eine Erkenntnis: Türkische Frauen verfügen meist über bessere Deutschkenntnisse als russische, weil türkische Familien in der Regel länger in Deutschland leben. Gerade die Sprachbarrieren seien aber dafür verantwortlich, dass die Väter auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu vermitteln sind und die Familien entsprechend häufig zu Hartz-IV-Beziehern zählen.
Die Handlungsfelder des Mütterzentrums orientieren sich an den Wünschen der Besucher und decken vor allem die Bereiche allgemeine Beratung, Sprach- und Kinderförderung sowie Gesundheits- und Sportförderung ab. So haben sich mittlerweile schon zwei Yoga-Gruppen mit insgesamt bis zu 30 Teilnehmerinnen gegründet.
Um den großen Bedarf an Beratungen — bis zu 20 Personen kommen pro Woche — gerecht zu werden, wurden die Sprechzeiten ausgedehnt. Um die Leiterin Svetlana Schatrauka zu entlasten, unterstützen sie an zwei Tagen zusätzlich Sozialpädagogen aus der Awo-Zentrale in Mönchengladbach.
Auffallend häufig wird als Anlass für eine Beratung materielle Bedürftigkeit genannt. An anderen Standorten, etwa in Grevenbroich oder Dormagen, würde dieses Problem seltener thematisiert. Die Awo-Fachkräfte sehen den Grund in der großen Diskrepanz zwischen dem hohen Lebensstandard in Meerbusch im Vergleich zur armen Böhlersiedlung.
Größter Brocken bei der Arbeit des Mütterzentrums sei jedoch die Übersetzung von amtlicher Korrespondenz sowie die Begleitung bei Behördengängen. Allein 139 Personen suchten 2011 aus diesem Grund die Beratungsstelle auf.
Mit der Einführung des im Vorjahr in Kraft getretenen Bildungs- und Teilhabegesetzes musste das Mütterzentrum ein weiteres großes Feld beackern. Gerade im Bereich Lernförderung seien viele Anfragen mit hohem Beratungsaufwand gekommen. Zu einer Tradition ist es inzwischen auch geworden, Geburtstage im Mütterzentrum zu feiern, da die Wohnungen vieler Familien zu klein seien.
Fazit: Die Zahl der Beratenden steige stetig, neue Besucher würden auf Empfehlung, durch Mundpropaganda oder aufgrund von Zeitungsartikeln den Weg zum Böhlerhof 4 finden.