Rätsel um Lanker Historie gelöst

Mike Kunze hat das Siegel des Wilhelm Jacobs entdeckt.

Foto: Archiv

Ein unscheinbares Stück Papier, 218 Jahre alt, hat eines der größten Rätsel der Lanker Heimatgeschichte gelöst. Am 25. März 1798, kurz vor seinem Tod, bestätigte der Lanker Pastor Wilhelm Jacobs seinem Pfarrkind Johann Gisbert Kaiser, dass er getauft sei und bedenkenlos heiraten dürfe.

Die Richtigkeit garantierte das Siegel des Geistlichen, das leicht oval ist und mit einer doppelten Perlenreihe einen Rahmen aus barocken Zierelementen einschließt. Am oberen Rand ist das Gottesauge in einem Dreieck mit Strahlenkranz zu erkennen. Im Zentrum des Abdrucks findet sich das eigentliche Wappen, das durch ein Kreuz in vier gleiche Teile aufgeteilt ist. Links unten und rechts oben ist jeweils eine schräg gestellte Leiter zu erkennen, die in den durch je zwei Sterne symbolisierten Himmel führt.

Die beiden anderen Viertel zeigen jeweils ein Rechteck, das als Stein oder Grabstein interpretiert werden kann, und darüber einen waagerecht schwebenden Engel. Dies ist der einzige bekannte Originalabdruck dieses Siegels. Das Attest wanderte nach der Trauung in das Dormagener Archiv und von dort ins Kreisarchiv in Zons. Dort hat es vor genau einem Jahr der Landeshistoriker Mike Kunze gefunden. Kunze hat sich schon in seiner Magisterarbeit Ende 2000 mit Jacobs und seinem Pastoral-Jahrbuch beschäftigt, zehn Jahre später Biografie und Quellenedition als Buch in der Schriftenreihe des Heimatkreises Lank veröffentlicht.

Die Suche nach dem Siegel beschreibt der Vorsitzende des Geschichtsvereins Meerbusch nun in den neuesten Meerbuscher Geschichtsheften. Lange war nur eine etwa 140 Jahre alte Beschreibung des Heimatforschers Johann Peter Lentzen aus Fischeln bekannt. Danach liegt ein schlafender Jakob zu Füßen einer von zwei Engeln umschwebten Leiter, die in den strahlenden Himmel führt. Als Umschrift gab Lentzen „Labore Tendimus Illuc” (mit Mühe gelangen wir dorthin) an. Das enthaltene Chronogramm weist auf das Jahr 1762 hin. Nach dieser Beschreibung wurde auch die Jacobsleiter des Heimatkreises hergestellt, mit der seit 1985 alljährlich verdiente Heimatfreunde ausgezeichnet werden.

Kunze hatte aber schon früh den Verdacht, dass die Beschreibung nicht stimmen könne. Er hatte im Jahr 2000 ein Bruchstück eines Siegels mit dem Gottesauge im Lanker Pfarrarchiv gefunden. Das kam aber in der Beschreibung gar nicht vor. Der Dormagener Siegelabdruck löst jetzt das Rätsel. Offenbar hat Lentzen das Siegel gar nicht gesehen, sondern eine andere, fehlerhafte Beschreibung wiedergegeben. Vermutlich stammt diese von Carl Guntrum, der im 19. Jahrhundert im Besitz des Petschafts war, das heute verloren ist. Leiter und Engel sind ebenso vorhanden wie der Strahlenglanz, der aber zum Gottesauge gehört. Der liegende Jakob allerdings ist nur ein barockes Zierelement und die angebliche Siegelumschrift entspringt einer Gewohnheit Jacobs, der viele Dokumente mit einem lateinischen Chronogramm versah — auch das Dormagener Archivale. Guntrum hatte es wohl zur Datierung mit übermittelt, Teil des Siegels ist es aber nie gewesen. Für Kunze basiert die Lösung des Rätsels nach mehr als 15 Jahren Suche auf einem Zufallsfund: „Darauf sind Historiker immer angewiesen, gezielt gesucht hätte ich in Dormagen jedenfalls nie!” Red