Schüler sollen politische Luft schnuppern
CDU und Grüne schlagen die Einführung eines Praktikums nach Viersener Vorbild vor. Dort läuft das Projekt seit 2005 — und ist ein großer Erfolg.
In Viersen ist es schon seit 2005 ein Erfolgsprojekt. Einmal im Jahr findet dort im Herbst das Kommunalpolitische Praktikum für Schüler ab der neunten Klasse statt — und viele wollen mitmachen; meistens mehr, als es Plätze gibt. Organisiert wird der Politikschnupperkursus vom städtischen Jugendamt in Kooperation mit den weiterführenden Schulen. Bis zu 50 Jugendliche erhalten Gelegenheit zu einem Blick hinter die Kulissen der Kommunalpolitik — unterstützt von Politikern aus dem Viersener Stadtrat und von der Verwaltung. Die Intention dahinter: Interesse für kommunalpolitische Themen wecken.
CDU und Grüne möchten das jetzt auch in Meerbusch realisieren. 5000 Euro sollen dafür in den Haushalt 2017 eingestellt werden. Der Stadtrat beschließt den Etat am 15. Dezember. „Im Grunde geht es darum, mitzuerleben, wie Demokratie funktioniert“, sagt Grünen-Fraktionschef Jürgen Peters. „Das Projekt ist ein Versuch, Interessenlosigkeit und Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Schließlich beschäftigt sich Kommunalpolitik mit vielen Themen, die die Jugendlichen direkt vor Ort betreffen.“ In Viersen besteht das Praktikum aus fünf Modulen, nach deren Abschluss die Schüler ein Zertifikat bekommen. Beim Speed-Dating geht es um ein schnelles Frage-Antwort-Spiel zwischen Schülern und Politikern, anschließend wählen die Jugendlichen eine Fraktion, der sie sich anschließen. In Modul zwei werden anhand von realen Beispielen Grundlagen der Politik erklärt, in Modul drei besuchen die Schüler eine Fraktionssitzung.
Danach stehen eine Jugendhilfeausschusssitzung und ein Stadtratsplanspiel auf dem Programm. „Wir haben mit dem Praktikum bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht, die Beteiligung ist sehr hoch“, sagt Viersens Stadtsprecher Frank Schliffke. „Vor allem bekommen wir positive Rückmeldungen von beiden Seiten: von den Jugendlichen und von der Politik.“ In Meerbusch, sagen CDU und Grüne, sollen alle weiterführenden Schulen beteiligt werden. Aber wie finden das Schüler und Lehrer? Besteht überhaupt Interesse an solch einem Angebot? Burkhard Wahner, Leiter der Realschule Osterath, wiegelt ab: „Bisher fehlen zum Ablauf genaue Informationen — ich befürchte aber, dass sich nur wenige Schüler melden, wenn das Praktikum zusätzlich zur normalen Schulzeit absolviert werden soll.“
Dagegen können sich Luca Langer und Raphael Zuber, beide 17 Jahre alt und in der Abschlussklasse des Mataré-Gymnasiums, gut vorstellen, dass das Modell auch in Meerbusch Erfolg hat. „Ansonsten bekommt man von Kommunalpolitik wenig mit“, sagt Langer, „wenn mit den Schulen zusammengearbeitet wird, finde ich das eine gute Idee.“ Zuber ergänzt: „Durch die Beschäftigung mit alltäglichen und lokalen Themen könnte das politische Interesse geweckt oder intensiviert werden.“
Besonders für Schüler ab der Klasse 10 halten sie das für sinnvoll — schließlich könne man auch erst ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen gehen. „In der Schule lernen wir, uns unsere eigene Meinung zu bilden und Dinge zu hinterfragen“, sagt Luca Langer. „Dafür wäre das Projekt gut — schließlich hat jeder irgendwo eine politische Meinung.“