Interview Stephan Benninghoven „Meerbusch hat einen guten Branchenmix“

Seit Jahresbeginn hat Meerbusch wieder einen festen Ansprechpartner für die Wirtschaftsförderung. Im Interview schildert Stephan Bennighoven (40) die Situation seines Ressorts.

Wirtschaftsförderer Stephan Benninghoven steht vor den Neubauten im Strümper Gewerbegebiet Bundenrott

Foto: RP/Stadt Meerbusch

Was genau versteht man unter „Wirtschaftsförderung“?

Stephan Benninghoven: Ziel der Wirtschaftsförderung ist es, den Wirtschaftsstandort Meerbusch und somit auch die Beschäftigung vor Ort zu stärken. Wir wollen bestehende Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen. Dazu brauchen wir gute Standortbedingungen bei gleichzeitig hoher Lebensqualität. Die Wirtschaftsförderung ist das Bindeglied zwischen Stadtverwaltung und heimischer Wirtschaft.

Wie sieht Wirtschaftsförderung in Meerbusch konkret aus?

Benninghoven: Wir unterstützen die Unternehmen bei ihren Vorhaben, indem wir sie bei behördlichen Genehmigungsverfahren begleiten. Wir sind erster Ansprechpartner für ansiedlungsinteressierte Unternehmen oder solche, die hier bereits ansässig sind und sich erweitern möchten. Wir unterstützen zudem bei Standortverlagerungen, Umbau- und Erweiterungsvorhaben. Auch stehen wir mit Rat und Tat zur Seite, wenn mal irgendwo der Schuh drückt. Das Aufgabenfeld der Wirtschaftsförderung ist fachbereichsübergreifend, ein enger verwaltungsinterner Austausch ist unabdingbar. Aber ich stehe natürlich auch in regelmäßigem Austausch mit den Kollegen der anderen Wirtschaftsförderungen im Rhein-Kreis Neuss.

Wo lagen Ihre Schwerpunkte zum Einstieg in die Arbeit?

Benninghoven: Zu allererst war wichtig, eine solide Datengrundlage zu schaffen, um darauf basierend ganz gezielt Entscheidungen treffen zu können. Zudem haben wir die Internetseite der Wirtschaftsförderung grundlegend überarbeitet, damit interessierte Unternehmen relevante und vor allem aktuelle Informationen bequem und schnell abrufen können. So werden nun alle Gewerbegebiete im Stadtgebiet mit weiterführenden Informationen dargestellt. Darüber hinaus haben wir auch Übersichten mit freien städtischen Gewerbegrundstücken sowie leerstehenden Bestandsimmobilien von privaten Eigentümern auf die meerbusch.de gesetzt. Desweiteren gibt es aktuelle Veranstaltungen, Förderprogramme und Informationen für Existenzgründer auf den neuen Seiten. Das Ganze wird von einem Verwaltungswegweiser abgerundet, der die Unternehmen durch den Behördendschungel lotst. Alles halten wir natürlich laufend aktuell.

Welche Rolle spielen für Sie die Unternehmen, die schon in Meerbusch ansässig sind?

Benninghoven: Da wir in Meerbusch derzeit nur noch über wenige freie Gewerbegrundstücke verfügen, steht für mich insbesondere die Bestandspflege im Vordergrund, also die Betreuung der hiesigen Unternehmen. Einige habe ich bereits besucht, viele weitere werden zeitnah folgen.

Haben Sie Einfluss auf die Ansiedlung. Beispiel: die unerwünschten Logistiker , dürfte man die ablehnen?

Benninghoven: Welche Unternehmen sich in Meerbusch ansiedeln, können wir sehr wohl beeinflussen, zumindest, wenn dies auf städtischem Gewerbegrund geschieht. Logistikunternehmen stehen Verwaltung und Politik bei uns grundsätzlich kritisch gegenüber. Zum einen haben wir überhaupt keine Flächen in der nachgefragten Größenordnung. Selbst wenn es so wäre, müssten wir sehr kritisch prüfen, ob der Flächenverbrauch in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der zu schaffenden Arbeitsplätze steht und welche zusätzlichen Verkehre ein solches Unternehmen in Meerbusch verursachen würde.

Wie viele Betriebe haben wir insgesamt mit wie vielen Mitarbeitern?

Benninghoven: In Meerbusch sind etwa 2900 Unternehmen beheimatet, bei denen 13 700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und 4900 geringfügig Beschäftigte tätig sind.

Wie sieht unser Branchenmix zwischen Handwerkern, Großbetrieben und Dienstleistern aus?

Benninghoven: Meerbusch ist ein Handels- und Dienstleistungsstandort. Mehr als 80 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten in diesem Sektor. Wir haben in Meerbusch einen sehr guten Branchenmix. Das macht uns zugleich weniger anfällig für Krisen in einzelnen Sparten.

Welche Gewerbegebiete mit welchen Flächen haben wir in Meerbusch?

Benninghoven: Zu den größten Gewerbegebieten zählen das Areal Böhler mit circa 24 Hektar, der Business-Park Mollsfeld mit 17,4 Hektar, das Gewerbegebiet rund um die Rudolf-Diesel-Straße mit circa neun Hektar, das Gewerbegebiet Fritz-Wendt-Straße mit neun Hektar, das Gewerbegebiet Bundenrott mit circa 8,5 Hektar und das Gewerbegebiet In der Loh mit circa acht Hektar. Darüber hinaus gibt es weitere kleine Gewerbegebiete im Stadtgebiet.

Wie viel Gewerbesteuer fließt in den Etat der Stadt? Wie hat sich diese Steuer in den letzten Jahren verändert? Ist sie stabil oder schwankt sie?

Benninghoven: Für das Haushaltsjahr 2018 rechnen wir mit circa 30 Millionen Euro Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer ist starken Schwankungen unterlegen, so dass eine verlässliche Prognose kaum noch möglich ist. Dies lässt sich sehr gut ablesen, wenn man sich die Gewerbesteuereinnahmen der letzten Jahre ansieht. Die Einnahmen können von einem auf das andere Jahr mehrere Millionen Euro hoch, aber auch nach unten gehen – ohne, dass wir als Stadt darauf Einfluss hätten. In den letzten fünf Jahren schwankte sie beispielsweise zwischen 24 und 32 Millionen Euro. Die Gewerbesteuer ist neben dem Anteil an der Einkommensteuer die wichtigste Einnahmequelle der Stadt.

Zurück zu den Gewerbegebieten: Gibt es überhaupt freie Flächen in Meerbusch?

Benninghoven: Nicht viele. Wir haben nur noch drei freie städtische Gewerbegrundstücke in Meerbusch, zwei im Business-Park Mollsfeld in Osterath und eines im Gewerbegebiet Bundenrott in Strümp.

Wie groß ist die Nachfrage nach Flächen in Meerbusch, warum sind wir so attraktiv für Firmen?

Benninghoven: Im zurückliegenden Halbjahr wurden rund 60 Anfragen von Unternehmen an uns herangetragen. Die Anfragen können wir aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Gewerbeflächen nicht bedienen. Meerbusch ist sicherlich wegen der Nähe zur Landeshauptstadt Düsseldorf sehr attraktiv, aber auch wegen der hervorragenden Infrastruktur. Es gibt mehrere Autobahnanschlüsse, der Flughafen ist ganz in der Nähe, wir haben qualifizierte Arbeitskräfte, eine geringe Arbeitslosenquote, qualitativ hochwertige Bildungseinrichtungen, aber auch eine hohe Wohn- und Lebensqualität.

Gibt es Möglichkeiten zur Erweiterung von Gewerbeflächen? Stichwort Interkommunale Zusammenarbeit, wie weit sind wir mit dem IKG zwischen Krefeld und Meerbusch?

Benninghoven: Ja, das interkommunale Gewerbegebiet Meerbusch/Krefeld an der A 44 ist perspektivisch eine solche Möglichkeit. Bevor sich dort jedoch Unternehmen ansiedeln können, wird noch Zeit ins Land gehen. Wir stehen am Anfang der Entwicklung. Daneben sind auf dem Erweiterungsgelände Areal Böhler Gewerbe-Einheiten geplant, die eher zum Tragen kommen werden als die vorgenannten.