Telekom verspricht Netzausbau
Bis Ende 2018 sollen rund 18 500 Haushalte in den Stadtteilen Büderich, Lank-Latum und Osterath schnelleres Internet bekommen.
Für Eckhard Neudeck tickt die Uhr. „Ein paar Monate noch, dann muss ich wissen, ob und wann sich etwas tut, sonst muss ich Konsequenzen ziehen“, sagt er. „Konsequenzen“ heißt in diesem Fall: Umzug mit dem Unternehmen — weg aus Meerbusch. Der selbstständige und international tätige Personalberater arbeitet seit mehr als 20 Jahren von Lank-Latum aus. Sein Problem ist das nicht vorhandene schnelle Internet. „Der Standort Meerbusch verliert zunehmend sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen an Attraktivität“, sagt Neudeck. „Die digitale Infrastruktur ist besonders in Lank-Latum vollkommen unzureichend entwickelt. Die durchschnittliche Downloadgeschwindigkeit beträgt in meinem Fall gerade einmal 6,7 MB — in jeder U-Bahn oder einem kleinen Café eines anderen europäischen Landes hat man schnelleren Internetzugang als in Meerbusch.“
Für den Unternehmensberater hat sich das lahmende Netz in den vergangenen Jahren zu einem echten Problem entwickelt. „Gerade kleine mittelständische Unternehmen oder Freiberufler, die zum Beispiel größere Datenmengen an ihre Kunden versenden müssen, unterliegen Wettbewerbsnachteilen, wenn diese Daten nicht schnell genug bei Kunden ankommen“, sagt Neudeck. „Das kann nicht im Sinne der Stadt Meerbusch sowie deren Bürger und Unternehmen sein.“ — „Ist es auch nicht“, sagt Stadtsprecher Michael Gorgs. „Tatsächlich baut die Telekom ihr Netz in Meerbusch mit Hochdruck aus und erhöht das Tempo der Datenübertragung — und zwar in allen drei großen Stadtteilen.“ Bis November 2017 sollen zunächst rund 11 000 Haushalte in den Stadtteilen Büderich und Lank-Latum schnelles Internet bekommen, ab Januar 2018 soll — wenn alles reibungslos verläuft — Osterath an die Reihe kommen.
Dazu, sagt die Stadt, müssten insgesamt 14 Kilometer Tiefbau bewältigt und 30 Kilometer Glasfaserkabel verlegt werden. Das sei das Ergebnis eines Gesprächs, das Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage und Wirtschaftsförderin Heike Reiß mit Telekom-Regionalmanager Simon Pohlen und Martin Philipp, Leiter Technische Infrastruktur, am Montag dieser Woche im Meerbuscher Rathaus geführt haben. Das neue Netz soll so leistungsstark sein, dass Telefonieren, Surfen und Fernsehen gleichzeitig möglich sind. Auch das Streamen von Musik und Videos oder das Speichern von Daten in einer Cloud soll bequemer werden. „Das maximale Tempo beim Herunterladen steigt durch die neue Technik auf bis zu 100 und beim Hochladen auf bis zu 40 Megabit pro Sekunde“, sagt Simon Pohlen. Dazu werde die Telekom bis zu den Verteilern Glasfaserkabel verlegen und die Verteiler selbst mit moderner Technik aufrüsten.
Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage freut sich über den Fortschritt. „Bandbreite ist heute beinahe so wichtig wie die Versorgung mit Gas, Wasser und Strom“, sagt die Verwaltungschefin, „deshalb ist es gut, dass Meerbusch jetzt vom Ausbau-Programm der Telekom profitiert.“ Wirtschaftsförderin Heike Reiß sieht das ähnlich: „Schnelle Netzverbindungen sind auch für den Wirtschaftsstandort Meerbusch ein wichtiger Faktor. Hier müssen wir unseren Unternehmen moderne Bedingungen bieten. Mit der Investition der Telekom ist ein weiterer Schritt dahin getan.“
Unter anderen wird das Gewerbegebiet Bundenrott in Strümp mit einem neuen Verteiler ausgestattet, der die Firmen bestens versorgen soll. Fakt, sagt die Stadt, sei allerdings auch, dass die Verkabelung in den bestehenden Gebäuden — gleich ob Privathaus oder Gewerbebau — bis auf längere Sicht noch herkömmlich bleibt. „Glasfaserverkabelung im Haus ist bislang fast nur in Neubauten üblich“, sagt Simon Pohlen. Aber auch durch die jetzt anstehenden Ausbauschritte sei die Verbesserung von Übertragungsgeschwindigkeit und -qualität schon enorm.
Wie funktioniert der Ausbau technisch? Auf der Strecke zwischen der örtlichen Vermittlungsstelle und dem Verteiler wird das bestehende Kupferkabel durch Glasfaser ersetzt, das für erheblich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten sorgt. Die überall im Stadtgebiet sichtbaren Verteilerkästen werden zu Multifunktionsgehäusen (MFG), quasi zu Mini-Vermittlungsstellen, umgebaut. Im Kasten wird das Lichtsignal von der Glasfaser in ein elektrisches Signal umgewandelt und von dort über das bestehende Kupferkabel zum Anschluss des Kunden übertragen. Um die Kupferleitung schnell zu machen, nutzt die Telekom die sogenannte Vectoring-Methode, die elektromagnetische Störungen beseitigt. Dadurch erreicht der Internetnutzer beim Hoch- und Herunterladen höhere Bandbreiten. Simon Pohlen nennt dazu eine einfache Faustformel: „Je näher der Kunde am MFG wohnt, desto höher ist seine Geschwindigkeit.“
Tatsache ist auch, dass die überall im Stadtgebiet stehenden Verteilerkästen durch die neue Technik höher und breiter werden. Kästen, die zum Umbau anstehen, will die Telekom zunächst mit Hussen überziehen, auf denen eine Kurz-Info zum Ausbau und eine Info-Nummer abgedruckt sind. Bevor der Netzausbau beginnen kann, wollen Telekom und Stadtverwaltung klären, wo bereits nutzbare Leerrohre im Boden liegen, damit unnötig aufwendige Tiefbauarbeiten vermieden werden.
Den letzten größeren Netzausbau hat Meerbusch 2012 mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II gestemmt. Ob die jetzige Zusage der Telekom ausreicht, um Eckhard Neudeck vom Umzug abzuhalten? „Wir werden sehen“, sagt er. „Ich hab’ mich schon mehrmals an die Stadt gewandt und keine vernünftige Antwort bekommen. Ich glaube erst dran, wenn ich hier wirklich vernünftig arbeiten kann.“