18 Jugendliche sind in die Turnhalle gezogen

Innerhalb kürzester Zeit musste die Stadt in der Halle der Realschule eine Unterkunft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge schaffen.

Grevenbroich. Sie waren oft monatelang quer durch Europa unterwegs, haben ihre Familien seit langem nicht gesehen — für 18 Jugendliche ist die Turnhalle der Realschule an der Bergheimer Straße für die nächste Zeit Wohn- und Schlafstatt. In einem Tag hat die Stadt dort eine Unterkunft für Minderjährige, die ohne Eltern nach Deutschland gekommen sind, geschaffen. Gestern kamen 15 Jungen aus Afghanistan und drei aus Syrien an — viele sind erst 15 oder 16 Jahre alt.

Die Stadt steht vor einer Herausforderung: Ihr Jugendamt muss laut Gesetz alle unbegleiteten Minderjährigen, die bei der Erstaufnahme in Grevenbroich registriert werden, in ihre Obhut übernehmen — derzeit rund 30, die Zahl steigt. Die Stadt hatte 18 Jungen für einige Tage bei einer Stelle der evangelischen Jugend- und Familienhilfe in Neuss unterbringen können. „Doch dort wird der Platz selbst gebraucht, überall sind die Plätze knapp. Wir mussten kurzfristig eine Lösung finden“, so Jugendamtsleiterin Birgit Schikora. Am Donnerstag fiel die Entscheidung für die Halle.

Rund 30 blaue Feldbetten wurden dort aufgestellt. Mit Folien verkleidete Absperrgatter sorgen für etwas Sichtschutz. „Mitarbeiter der Stadt, der Wirtschaftsbetriebe und des Roten Kreuzes haben angepackt“, sagt Heike Steinhäuser, Leiterin des Fachbereichs Soziales. Im Nachbarraum liegen Decken, Duschgel und Rasierzeug bereit. Auf einer Tafel ist ein „Welcome“ geschrieben“.

Stefanie Seiler, Sozialer Dienst

Trotz allen Engagements ist der Komfort bescheiden, Spinde für Persönliches etwa gibt es nicht. „Es ist eine Lösung für den Übergang“, sagt Birgit Schikora. Die Jugendlichen werden etwa zehn Wochen hier bleiben. Wir hoffen, dass wir sie dann in Wohngruppen unterbringen können.“ Fünf weitere Jungen hat das Kloster Langwaden aufgenommen. In den nächsten Tagen werden in der Halle Sozialpädagogen die Jungen betreuen. Ein Sportprogramm wird erstellt, die Stadt gemeinsam erkundet, die Vormundschaft geregelt, Deutschkurse werden organisiert.

Der Schulbesuch ist erst nach dem Umzug in die nächste Unterkunft — die nicht in Grevenbroich sein muss — vorgesehen, ebenso eventuell nötige psychologische Betreuung. Kriegserfahrungen, die Sorge um die Familien belasten die Jungen, „manche haben Angehörige verloren“, berichtet Stefanie Seiler vom Sozialen Dienst. Eine andere Beobachtung: „Durch die Fluchterfahrung sind sie weiter als viele Gleichaltrige.“ Einige schlugen sich in Fluchtgemeinschaften gemeinsam durch.

„Grevenbroich ist durch die Inobhutnahme der unbegleiteten Minderjährigen belastet. Aber auch Neuss, Dormagen, Meerbusch und Kaarst sind betroffen, da es auch dort Erstaufnahmestellen gibt — kreisweit haben wir 110 solche Jugendliche“, erklärt Kreissozialdezernent Tillmann Lonnes. „Die Jugendämter arbeiten intensiv zusammen.“ Eine Entlastung verspricht er sich durch eine Gesetzesänderung zum 1. November. „Danach werden die Jugendlichen nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel gleichmäßiger auf die Jugendämter verteilt.“