Ärger um eine Verlegung von Flüchtlingen nach deren Kritik
Zwei syrische Familien sind von der Notunterkunft „Schule am Wildpark“ nach Hagen verlegt worden. Kurz zuvor hatten sie sich öffentlich über die Heimleitung beschwert.
Reuschenberg. Dienstag hatte der Flüchtling Majd vor einer laufenden Fernsehkamera Vorwürfe gegen die Heimleitung in der Notunterkunft in der „Schule am Wildpark“ erhoben, Mittwoch wurde der Beitrag ausgestrahlt, am Donnerstag wurde der Syrer verlegt. Großraumtaxis brachten seine Familie und die einer Syrerin, die sich ebenfalls laut beschwert hatte, am Abend nach Hagen.
Was nach einer Bestrafung aussieht, wirft kein gutes Licht auf den Sozialdienstleister European Homecare, der das Heim im Auftrag des Landes betreibt — und schafft auch die Vorwürfe nicht aus der Welt. Auch wenn Klaus Kocks als Sprecher von European Homecare lapidar verbreitete: „Wir bestreiten den Wahrheitsgehalt der Aussagen.“
Am vorvergangenen Wochenende war die Notunterkunft für 300 Menschen in der leerstehenden Schule in einer Hau-Ruck-Aktion eingerichtet worden, seit einer Woche trägt ein Mazedonier die Verantwortung in dieser Landeseinrichtung. Die wird als Dependance zur Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) im ehemaligen Alexius-Krankenhaus betrieben und ist zur Hälfte von Syrern und zur anderen Hälfte von Flüchtlingen aus den Balkanstaaten bewohnt.
Das soll das Problem sein. Denn die Syrer werfen dem Heimleiter vor, seine Landsleute in jeder Hinsicht zu bevorzugen. Sie dagegen würden bedroht, klagen die Syrer, nachts würde ihnen die Heizung abgedreht, so dass schon vier Kinder krank geworden seien. Und während sie selbst nur einzelne Stücke aus der Kleiderkammer bekämen, dürften sich die Balkan-Flüchtlinge gleich säckeweise bedienen. So wird es wahrgenommen — aber ob es stimmt?
Horst Meisel, der zusammen mit Stephan Thönnessen die ehrenamtliche Hilfe an dieser Einrichtung im Sinne der Stadt koordinieren soll und die Kleiderkammer in der leeren Schule eingerichtet hat, meldet Zweifel an. Der Hauptbeschwerdeführer sei bei jeder Verteilaktion dabeigewesen — „und hat immer etwas abbekommen“. „Auf der Flucht haben die kämpfen gelernt“, ergänzt Thönnessen, der auch weiß, wie Frust, Langeweile, schlechtes Wetter und Neid eine explosive Stimmung entstehen lassen können. Die ist am Dienstag wohl eskaliert.
Auslöser könnte eine Durchsuchung von Zimmern gewesen sein, die European Homecare regelmäßig aus Gründen der Hygiene und des Brandschutzes veranlasst. Dabei fanden die Mitarbeiter in einem Zimmer gehortete Kleiderspenden und Lebensmittel, die ordnungsgemäß geräumt wurden, wie Kocks betont. Mehr sagt er nicht. Dem Vernehmen nach passierte das in dem Zimmer der zweiten Familie, die gestern abgeschoben wurde. Die Frau soll darüber geklagt haben, in unwürdiger Weise behandelt worden zu sein — und das machte die Runde. Kurz darauf stand das Fernsehteam vor der Tür.
Nach Überzeugung der Bezirksregierung Arnsberg ist die Verlegung keine Bestrafung gewesen. „Verlegungen gibt es dort täglich“, sagt Behördensprecher Ralf Ciekanowski, der keinen Ansatzpunkt dafür sieht, Untersuchungen gegen den Heimbetreiber European Homecare einzuleiten. Weil die Vorwürfe der Flüchtlinge den Verdacht einer Straftat nahelegten, wurden am Donnerstag alle Beteiligten durch die Polizei vernommen, erklärt Polizeisprecher Hans-Willi Arnold. Ergebnis: „Der Verdacht einer Straftat hat sich in keinster Weise erhärtet.“ Arnold bestreitet, dass die Polizei die abendliche Verlegung veranlasst haben könnte.
Auch European Homecare will dafür nicht verantwortlich sein. „Wir haben da kein Mandat“, sagt ein Firmensprecher.