Auf Sammel-Tour für das Martinsfest
Mitglieder des Martinsvereins Holzbüttgen sind derzeit unterwegs, um Spenden zu sammeln. Ein Erlebnisbericht.
Kaarst. Kerstin Fröhmer strahlt. „Ich habe schon auf Sie gewartet“, sagt sie und zückt die Geldbörse, entnimmt ihr Geld und gibt es Torsten Köhler. Er händigt ihr dafür zwei Gutscheine aus, erbittet noch eine Unterschrift und nach einem kleinen Plausch verabschieden sie sich. Szenen wie diese spielen sich derzeit in den frühen Abendstunden häufiger in Holzbüttgen ab. Eingefleischte wissen: Die Sammler des Martinsvereins sind wieder zur Finanzierung der Martinstüten unterwegs, die vor und nach dem Martinszug ausgegeben werden.
Torsten Köhler ist seit 2005 als ehrenamtlicher Helfer dabei. „Ich habe die gesamte Edelweißstraße übernommen“, erzählt der 48-Jährige. Der Tischlermeister braucht meistens drei Abende, bis er alle Anwohner „seiner“ Straße angetroffen hat. „Wenn man einmal damit angefangen hat, macht es richtig Spaß. Eine Bettelei ist das nicht, die Leute geben gerne etwas — im Durchschnitt fünf Euro“, erklärt er.
Der Wert der Tüten — ein Weckmann, Obst und Süßigkeiten, zusätzlich können sich die Kinder ein kleines Geschenk wie Radiergummi oder Stifte aussuchen — liege etwas höher, sagt Köhler. „Alle Kinder in Holzbüttgen bekommen eine Tüte, das sind dann um die 1200“, erläutert er. Bis zu 15 Mitglieder des Martinsvereins packen sie „wie am Fließband“ im Pfarrzentrum am Morgen des Zuges fertig. „Das dauert zwei Stunden und das halbe Pfarrzentrum steht voll“, erklärt Köhler.
Auch Nicole Grewe holt sofort ihr Portemonnaie, als Köhler vor der Haustür steht. „Ich freue mich seit der Geburt meiner ältesten Tochter vor 16 Jahren auf das Martinsfest hier im Ort. Jeder kennt dadurch jeden“, sagt sie. Claudia Gernster wird ebenso zum Zug gehen, obwohl ihre Kinder jetzt erwachsen sind und sie keine Gutscheine mehr braucht. „Ich mag diese Stimmung“, sagt sie.
„Viele ältere Menschen unterstützen diesen Brauch gerne“, sagt Köhler und klingelt bei Eduard Jankowski, der schon seit Anfang der 80er-Jahre spendet. Er braucht inzwischen Gutscheine für seine Enkel. „Die älteren Leute kennen das hier. Das ist total easy, dort zu klingeln“, sagt Torsten Köhler und überprüft seine selbst erstellte Liste mit Namen, Hausnummern, Höhe der Spende, Anzahl der ausgegebenen Gutscheine und Unterschriften.
Jetzt muss er unbedingt zu Frank Eck (49), denn dieser besteht jedes Jahr auf eine eigene Tüte. „Ich habe schon als kleines Kind eine bekommen“, sagt Eck lachend und deutet seine damalige Größe mit knapp über dem Boden gehaltener Hand an, „warum sollte ich später darauf verzichten?“. Also ordert er vier Gutscheine — für seine beiden Kinder, seinen Enkel und sich selbst. „Und ich darf dann wieder die Köpfe der Weckmänner essen, die will keiner“, erzählt seine Frau Ulla schmunzelnd.
Bis zum Einbruch der Dunkelheit geht Köhler von Haus zu Haus. „Negative Erlebnisse sind selten. Nach zweimaligem Abweisen gehe ich nicht mehr hin“, erklärt er. Die Sammelaktion sei auch ein Integrationsprojekt: Neu Zugezogene würden damit ins örtliche Brauchtum eingebunden.