Aufführung: Die gefährliche Sturheit der Eifersucht

Das von Bettina Jahnke inszenierte „Wintermärchen“ von Shakespeare wurde im RLT bejubelt.

Neuss. Eifersuchtsdrama, viele Zufälle und ein — ziemlich — gutes Ende. All das ist William Shakespeares „Wintermärchen“, das am Samstag im RLT vor fast ausverkauftem Haus umjubelte Premiere feierte. Zu Recht, lieferte das Ensemble doch ein geschlossenes Gesamtbild ab, in dem die Darsteller der Haupt- wie der Nebenrollen gleichermaßen brillierten.

Komödie? Romanze? Tragödie? Das Stück, vor fast genau 500 Jahren geschrieben, hat viele Facetten, und mittendrin grätscht die Handlung locker über einen Zeitsprung von 16 Jahren — eine Seltenheit im klassischen Theater. König Leontes von Sizilien (Michael Putschli) könnte zufrieden sein. Eine tolle Frau, Hermione (Hergard Engert), ein munteres Söhnchen, und das zweite Kind ist unterwegs. Wenn Leontes nur nicht aus heiterem Himmel die Eifersucht gepackt hätte.

Ausgerechnet mit seinem besten Freund, dem böhmischen König Polixenes (Henning Strübbe) soll Hermione ihn betrogen haben. Der kleine Sohn ein Kuckuckskind, ein zweites trägt die Ehebrecherin unterm Herzen! Unsinn, versuchen alle am Hof den König zu überzeugen, und sogar das Orakel entlastet die Königin.

Doch Leontes setzt sich in seinem Wahn über Vernunft, Menschlichkeit und den Spruch der Götter hinweg. Den eigenen Sohn lässt er töten, Hermione muss ins Gefängnis, wo sie ein Mädchen zur Welt bringt. Wenig später stirbt es, so heißt es. Das Baby wird ausgesetzt — ausgerechnet in Böhmen.

16 Jahre später: Ein Hirte hat das Baby gefunden und Perdita genannt. Beim Frühlingsfest will sie (niedlich: Emilia Haag) sich mit dem böhmischen Prinzen vermählen. Doch dessen Vater stellt sich quer, sodass die Liebenden fliehen müssen. Und zwar nach Sizilien, wo Leontes inzwischen seinen Fehler erkannt hat. Perdita wird als echte Königstochter erkannt, darf den Prinzen heiraten, und endlich bricht der Frühling aus.

Dass das Ende nicht in unglaubwürdiger Harmonie versinkt, ist auch unter anderem Hergard Engert zu verdanken. Ihre Hermione trägt noch schwer am durchlittenen Leid. Nur zögernd tastet sie sich zurück in die Gesellschaft des strengen Sizilien.

Strenges Sizilien, lockeres Böhmen? Dorit Lievenbrück zeigt den Kontrast in den Kostümen. In Sizilien trägt man Grau, während die Böhmen sich eher exzentrisch kleiden. Doch tief im Innern gibt es erschreckende Parallelen, wie Bettina Jahnkes Inszenierung eindrücklich zeigt. Beide Könige bringen durch ihre Sturheit Glück und Leben ihrer Familie in Gefahr.

Abgerundet wird die Inszenierung durch die Darsteller der Nebenrollen, allen voran Katharina Dalichau als Kindermädchen Paulina, das dem Leontes mutig die Leviten liest. Mit Dalichaus Sohn Mos (Mamillus, Leontes’ Sohn) stand am Samstag übrigens noch ein weiteres Familienmitglied auf der Bühne.