Barrierefrei — ein langer Weg
Neuss wirbt seit neun Monaten um Teilnehmer. Kaarst und Meerbusch zeigen ebenfalls Interesse an dem Projekt.
Neuss/Kaarst. Neun Monate sind vergangen, seit in Neuss das Projekt der barrierefreien (Innen-) Stadt vorgestellt wurde. Als erste Stadt in NRW wollte Neuss dem Berliner Beispiel nacheifern und Rollstuhlfahrern wie Passantten mit Kinderwagen, Rollator-Nutzern und Gehbehinderten leichten Zugang zu Geschäften, Praxen und Behörden bieten. Von Berlin kam die Lizenz zur Nutzung des Signets, im Internet sind die Vorgaben nachzulesen: Bewirbt sich zum Beispiel ein Einzelhändler um das markante Zeichen, muss er Vorbedingungen erfüllen, ein Besuch von städtischen Mitarbeitern schließt sich an.
Je mehr Signets, desto mehr Nutzen für die Passantern, desto mehr Marketing für die Innenstadt insgesamt. Der Weg dorthin ist lang.
Die Idee aber überzeugt. In Meerbusch wurde das Projekt bereits diskutiert. Und nun wollen dem Neusser Konzept folgend auch die Kaarster Grünen ihren Bürgern das Leben leichter machen. Wer zum Beispiel mit Kinderwagen oder Rollator unterwegs ist, der soll durch breitere Türen, stufenlose Zugänge oder große Bewegungsflächen problemlos Geschäfte, Banken, Museen oder Hotels betreten können. Für Seh- oder Hörbehinderte könnten Orientierungshilfen geschaffen werden.
Der Antrag der Grünen, ein einheitliches Signet „Kaarst barrierefrei“ für öffentliche Gebäude, Einzelhandel und Dienstleister einzuführen, wurde am Dienstag in der Sitzung des Sport-, Senioren-, Demografie- und Sozialausschusses beraten. „In unserer Fraktion haben wir ein behindertes Mitglied — von ihm und den Grünen Alten ging die Idee aus“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Kaarster Grünen, Christian Gaumitz.
Für Menschen, die in ihrer Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt sind, gibt es laut dem Politiker viele beschwerliche Stellen: „Etwa der Eingang der Rathaus-Arcaden. Ein positives Beispiel ist der Eingangsbereich des Maubishofs: Dort gibt es jetzt zusätzlich zu den Stufen eine Rampe.“
Wann es soweit sein wird, kann Anke John, Leiterin des Bereichs Schule, Sport und Soziales in Kaarst, nicht sagen. „Wir brauchen Zeit, um die Rahmenbedingungen und die Umsetzung auszuarbeiten. Aber: Ich sehe das Signet ,Kaarst barrierefrei‘ kommen. Barrierefreiheit ist ein wichtiges Thema, dem wir uns seit Jahren immer wieder annehmen.“ So seien nach der Verlegung von neuen Rohrleitungen der Kreiswasserwerke an einigen Straßen die Gehwege abgeflacht worden.
Neben dem Antrag der Grünen liegt der Verwaltung ein Schreiben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes vor, der anregt, das einheitliche Signet nicht nur in Kaarst, sondern im ganzen Kreisgebiet einzuführen.
Eine Aktion mit kurzfristiger Umsetzbarkeit ist die Barrierefreiheit aber offensichtlich nicht. In Neuss heißt es auf der Internetseite zu den Teilnehmern noch: „Dieser Ordner hat zur Zeit keinen Inhalt“. Doch nach Ostern sollen immerhin die ersten sechs Signets ausgegeben werden. 29 Anträge hat es seit dem Start der Aktion gegeben, zwei wurden abgelehnt, die anderen werden noch bearbeitet, teilt Projektleiter Harald Jansen mit. Unter den sechs ersten Signet-Berechtigten seien ein Anwalt, der Einzelhandel und ein Anbieter aus dem Gesundheitswesen. Ein Objekt der Stadtverwaltung ist in dieser ersten Signet-Gruppe nicht vertreten. Immerhin, so Jansen, würden nun aber die Schwachstellen ins Licht gerückt.