Bezahlbares Wohnen sichern
Mittel für öffentlich geförderte Projekte werden kaum noch abgerufen. Bauverein in der Pflicht.
Neuss. Bei großen Neubauprojekten wird die Forderung immer wieder gestellt. 20, 30 Prozent der Wohnungen sollten öffentlich gefördert sein, verlangt etwa die SPD — mit den entsprechenden günstigen Mieten. Doch das Interesse der Bauherren daran ist gering, genauer: nicht vorhanden. „Wir sind die einzigen, die in Neuss öffentlich geförderten Wohnungsbau betreiben“, sagt Frank Lubig, Chef des Neusser Bauvereins.
Die Förderung ist mit einer Null-Prozent-Finanzierung des Landes über zehn Jahre günstig, dennoch angesichts des allgemeinen Niedrigzinsniveaus für private Baugesellschaften keine Alternative zum frei finanzierten Bauen ohne anschließende Mietbindung.
Für den Bauverein verweist Lubig auf die Verpflichtung, bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen. 4000 der 7000 Wohnungen im Bestand sind öffentlich gefördert, viele aus der Zeit des „sozialen Wohnungsbaus“, eine Kaltmiete von 4,92 Euro ist für sie im Schnitt zu zahlen.
Bei Neubauprojekten setzt der Bauverein auf eine Mischung aus öffentlich gefördert und frei finanziert. Dabei verfolgt Lubig einen noch relativ neuen Weg. Er setzt darauf, innerhalb eines Projektes beide Formen zu mischen. Ein Großprojekt wie die Südliche Furth („das läuft dort sehr gut“) werde es so nicht mehr geben, sagt er.
Stattdessen entstehen zum Beispiel an der Alemannenstraße Wohneinheiten im Verhältnis von 40 Prozent gefördertem und 60 Prozent frei finanziertem Wohnraum, ähnlich wurde auch am Marienkirchplatz gebaut.
Am Alten Weiher stoßen 17 Eigentumswohnungen der Luxus-Klasse auf 28 öffentlich geförderte — jetzt sanierte — altengerechte Wohnungen im alten Caritas-Gebäude. 3600 Euro für den Quadratmeter hier, 4,80 Euro Kaltmiete dort. „Das eine finanzieren wir aus dem Erlös des anderen“, sagt Lubig und greift ein Thema auf, das immer Angriffsfläche bietet: „Wir brauchen die Bauträgergeschäfte, um bezahlbaren Wohnraum sowie die Quartiersangebote schaffen zu können“, betont der Bauverein-Vorstand.
Das Paradebeispiel für groß angelegte Planung bietet das Projekt Hülchrather Straße in Weckhoven. Ein ganzes Quartier wird hier neu entstehen, wenn erst einmal die Hochhäuser aus den 60er Jahren abgerissen sind. Wieder ist ein Mix aus öffentlich gefördertem und frei finanziertem Wohnungsbau geplant (30 : 70), und dieser Mix wird selbst innerhalb der einzelnen Häuserblocks durchgezogen. „Das ist eine radikale Lösung, und das wird funktionieren“, ist Lubig sicher, zumal umfangreiche Zusatzangebote für Dienstleistungen vom Friseurbesuch und Quartierstreff bis zur Pflege hinzukommen: „Der Schlüssel ist eine stabile Quartiersentwicklung.“
Immer sei man beim Bauverein auf der Suche nach Grundstücken, sagt Lubig. Ein Großprojekt der nächsten Jahre hält er auch für den Bauverein interessant: Das Alexianergelände wird mit 400 Wohneinheiten bebaut, nach dem Willen der Politik mit einer bestimmten Anzahl öffentlich geförderter Wohnungen. „Dieser Teil des Projektes könnte wohl auf den Bauverein zulaufen“, deutet Frank Lubig an.