Bierfass trifft Mönch
Bei strahlender Sonne sehen 90 000 gut gelaunte Jecken den Zug.
Neuss. Wenn junge Männer im rosa Schmetterlingskostüm, laufende Bierfässer oder Zombis auf Sprungstelzen aufeinander treffen, sind Marienkäfer und Mönche nicht weit. Beim Kappessonntagszug zeigen sich die gut gelaunten Jecken kreativ und ausgefallen. Den Höhepunkt der diesjährigen Karnevalsession unter dem Motto „Nüsser Jecke fiere jot“ hat die bunte Menschenmasse vermutlich am meisten herbeigesehnt.
Julia Flock aus Gnadental freut sich. „Die Atmosphäre ist spitze. Es kommen so viele lustige Menschen zusammen. Ich habe schon als Kind Karneval gefeiert und kenne das gar nicht anders“, sagt die 22-Jährige, heute mal Indianerin. Gegenüber wartet Fabian Nüchter, getarnt als Vampir, mit Eltern und Schwester darauf, dass der Zug endlich vorbeizieht. Es ist zum ersten Mal dabei. „Ich hab sonst immer den Zug in Düsseldorf geguckt.
Ich mag es, die Süßigkeiten einzusammeln, und die geschmückten Wagen gefallen mir“, erklärt der Zwölfjährige. Der fünf Jahre alte Tim Derendorf hingegen mag Karneval am liebsten, weil man sich verkleiden kann. Er geht wieder als Feuerwehrmann. Ein Kostüm, das er auch später gern beruflich tragen würde.
So originell die Kostüme der Zuschauer auf den Bürgersteigen aussehen, umso schlichter wirkt der ein oder andere Motto- und Bagagewagen. Mit auffallend bunter Aufmachung hingegen punkten zum Beispiel die Neusser Karnevalsfreunde. Ihren Wagen zieren zahlreiche Blumen und Flaggen. Auch eine Fußgruppe im Safari-Stil sticht durch Giraffenkostüme, deren Hälse Meter lang in die Höhe ragten, sowie durch tropische Hüte und Röcke hervor.
Ebenso bietet der Wagen der Brauchtums- und Karnevalsgruppe (BKG)-Heimatfreunde was fürs Auge. In elegante, glitzernde Kostümen gekleidet, geben die zierlichen Tänzerinnen dem Karneval eine orientalische Note.
Um die vielen Kinder zu beeindrucken, die in der ersten Reihe eifrig „Helau“ rufen, zählt aber vor allem eins: Kamelle. Ob Fruchtgummis, Tulpen, Chips, Textmarker oder Popcorn — die Tüten werden immer voller. Und weil Kinder noch so klein sind, verschenkt die 22-Jährige Julia ihre eingefangenen Süßigkeiten. „Zum Dank hat ein Mädchen ihren Stift mit Plüschbär nach mir benannt.“ Es wird deutlich, wofür der Kappessonntag gestanden hat: Gemeinschaft.