Papierkunst: Großes Theater auf winziger Bühne

Peter Schauerte-Lüke führt im Clemens-Sels-Museum Klassiker im Papiertheater auf.

Neuss. Die Bühne ist sehr klein, die Requisiten sind ganz offensichtlich aus Pappe, und die Schauspieler wirken sehr platt. Doch das Publikum im Clemens-Sels-Museum ist gebannt. Gezeigt wird Wilhelm Hauffs „Kalif Storch“.

Gerade sind der Kalif und sein Großwesir dabei, magisches Zauberpulver auszuprobieren. Da geht das Licht kurz aus und wieder an. Die Verwandlung ist vollzogen, aus dem Kalifen und dem Großwesir sind zwei Storche geworden. Die Kinder sind begeistert. So tolle Effekte lassen sich nur erzielen, wenn man seine Schauspieler einfach mal zur Seite klappen kann.

Peter Schauerte-Lüke (59) kann das. Seit mehr als 30 Jahren zieht er in seinem Papiertheater die Fäden. Besser gesagt, er schiebt die Charaktere über die Bühne und leiht ihnen seine Stimme. Den Kindern, die seine Aufführung im Sels-Museum verfolgen, erklärt er: „Ich bin Schauspieler, Sänger, Bühnenbildner, Beleuchter und Intendant.“

Papiertheater heißt die fast vergessene Kunstform, bei der sich Theater in einem kleinen Schaukasten abspielt. Doch mit ein wenig Fantasie und dem richtigen Schauspieler hinter den Kulissen können aus Pappe und Papier schnell die Bretter werden, die die Welt bedeuten. Das Clemens-Sels-Museum widmet dem Mini-Theater, das sich im Bürgertum des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute, eine Ausstellung. Schauerte-Lüke zeigt, wie man buntem Papier Leben einhauchen kann.

Vieles funktioniert in diesem Theater über Fantasie. Das Zauberpulver des Kalifen etwa müssen sich die Zuschauer in die Hände der Figuren denken. Die Bilder erschafft Schauerte-Lüke durch lebhaft gesprochene Texte.

Dennoch hat der Künstler auch visuell einiges zu bieten. Es gibt Bauchtänzerinnen, die mit ihrer Hüfte wippen, und Fenster aus farbiger Folie, hinter denen der Intendant ein Silhouettenspiel inszeniert.

Am Ende lüftet Schauerte-Lüke den Zauber und lässt die Kinder hinter die Bühne. Hinter der Pappfassade zeigt sich die Komplexität des Theaters. Über der Bühne baumeln die Kulissen, die der Schauspieler in den kurzen Umbaupausen herunterlassen kann. Bis zu 13 Elemente können an den Seilen befestigt sein. Mit aufstellbaren Kulissen arbeitet der Mann, dessen Theater auf Schloß Burg zu Hause ist, ungern: „Eine falsche Bewegung, und der ganze Kram liegt.“