Bund verkauft letzten Hochbunker
Für den Hochbunker an der Adolf-Flecken-Straße wird ein neuer Besitzers gesucht.
Neuss. In Zeiten, in denen mancherorts wieder über Schutzmaßnahmen und die Rückkehr der Sirenen auf die Häuserdächer nachgedacht wird, will der Bund seinen letzten Hochbunker in Neuss los werden. Ein Schild „Zu verkaufen“ wurde schon an die Betonwand des Bunkers an der Adolf-Flecken-Straße gedübelt, doch wer die angegebene Nummer wählt, kann noch keine Details erfragen. Das Exposé ist noch in Arbeit, hieß es gestern bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA). Sie soll das Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg zu Geld machen, nennt aber noch keinen Preis. „Nächste Woche“, hieß es gestern.
Sechsstellig wird der Kaufpreis sein und sicherlich über 230 000 Euro liegen. Für den Preis nämlich erwarb die Stadt Ende 2013 den Hochbunker am Berghäuschensweg, um die Ansiedlung eines Rocker-Clubs zu verhindern. Der zweigeschossige Bunker an der Adolf-Flecken-Straße hingegen ist größer, liegt vis-a-vis zum Hauptbahnhof in der Innenstadt — und ist wesentlich besser in Schuss.
Erst im Jahr 2006 hatte der Bund als Eigentümer die Stadt als Nutzer des Bunkers angewiesen, die Instandhaltungsmaßnahmen für den Bunker einzustellen. Danach wurden die Räume in dem Betonbau, dessen Erdgeschoss zumindest zeitweise die Altakten der Rheinland-Versicherung barg, auch nicht mehr an Bands vermietet. Bis 2006 aber hatte sich das Technische Hilfswerk regelmäßig um Lüftungsanlagen, Filter aber auch sanitäre Einrichtungen in dem Bunker gekümmert, der — wie Ralf Raschke noch aus seiner Zeit beim Amt für Zivil- und Katastrophenschutz weiß — Ende der 1980er Jahre noch einmal für den Grundschutz hergerichtet wurde. Denn der Hochbunker am Bahnhof war einer der wenigen in der Stadt, der auch bei chemischen, biologischen oder atomaren Angriffen bis zu 750 Menschen einen gewissen Schutz bieten sollte. Nach Mauerfall und Ende des kalten Krieges war er unnütz geworden.
Im Zweiten Weltkrieg wurden fünf Hochbunker in Neuss gebaut, erinnert sich Peter Ritters, der in seiner Zeit beim Gebäudemanagement für die kleineren Bunker und Schutzräume verantwortlich war. Die Hochbunker gehörten nicht dazu, denn sie blieben immer im Besitz des Bundes. Der an der Römerstraße wurde ebenso abgerissen wie der an der Michaelstraße, der Platz für einen Neubau der Sparkasse machte. Der Hochbunker an der Bergheimer Straße, der bis 1949 den Reuschenbergern als Kirche diente, wurde vor Jahren verkauft und steht noch heute. Blieben zwei: Für den in Gnadental, der sich nun im Besitz der Stadt befindet, steht ein Abriss-, Umbau- oder Nutzungskonzept noch aus. Und damit zeigt sich auch das Problem, warum der letze Bundes-Bunker auch nicht einfach an den Interessenten zu bringen sein dürfte. Nicht einmal als Lager könnte man ihn nutzen, sagt Ritters, denn: „Es gibt keinen Aufzug.“
Ideen sind also gefragt. Thomas Kaumanns, CDU-Stadtverordneter für den Wahlkreis an Hermannsplatz und Gielenstraße, könnte sich den Bunker als Ort des Lernens vorstellen — für einen anschaulichen Geschichtsunterricht.
In eine ähnliche Richtung denkt der Architekt Herbert van Hüllen, der schon lange an eine Aufarbeitung des Themas Bunker denkt, das für ihn viel mit Baugeschichte zu tun hat. Er wünscht sich ein Heimatmuseum in dem noch nicht entfestigten, also fensterlosen Koloss. Aber dazu müsste der Bunker im Zugriff der öffentlichen Hand bleiben.