BV Weckhoven probiert sich im Blindenfußball

Die Inklusionsmannschaften des Vereins bekamen jetzt eine ganz besondere Trainingseinheit.

Foto: woi

Weckhoven. Fußball spielen ohne sehen zu können — das konnten sich viele Jugendliche der Weckhovener Inklusionsmannschaft nur schwer vorstellen. In einer Trainingsstunde wurde allen deutlich: Es funktioniert — allerdings nur, wenn man sich auf seine Mitspieler verlassen kann. Der von Geburt an blinde Bundesliga-Fußballer Daniel Hoß stellte seine Sportart zunächst einmal vor: „Ich möchte meine Erfahrungen weitergeben und zeigen, dass man auch blind ganz normal am Alltag teilnehmen und Sport treiben kann.“

Bei der anfänglichen Fragerunde konnten die Kicker aus Weckhoven sich das jedoch noch nicht so richtig vorstellen: „Lauft ihr nicht ständig gegeneinander?“ oder „Woher wisst ihr überhaupt, in welche Richtung ihr schießen müsst?“ wollten die Jungs wissen. Anstatt es lange zu erklären, ließen Hoß und seine beiden Helfer es die Fußballer am eigenen Leib erfahren. Mit dunklen Brillen sollte die Gruppe versuchen, sich auf dem kleinen Spielfeld zu orientieren und den Kommandos von Hoß zu folgen — spätestens bei halben und ganzen Drehungen gab es erste Schwierigkeiten. „Ich hab mir das einfacher vorgestellt“, gab Finn, einer der Kicker, anschließend zu.

Mit dem Ball am Fuß stellten sich die Weckhovener aber recht geschickt an: „Die haben sich echt gut geschlagen“, lobte Daniel Hoß die Truppe. Den rasselnden Ball eng bei sich führen, das ist das Geheimnis beim Blindenfußball. Weite Flanken oder Kopfbälle sind nicht die beste Technik. Dribbelnd einem akustischen Signal folgen — kein Problem für die Jungs des BV. Auch alleine aufs Tor zulaufen und einzunetzen, klappte schon gut. „Schießen war aber echt schwer“, sagte Konstantin.

Das abschließende Fußballspiel gab dann ein großes Gewusel: Alle versuchten, den Ball zu finden und zu treffen, wobei die Verteidiger mit „voy“-Rufen (spanisch: „Ich komme“) auf sich aufmerksam machen mussten — wie beim richtigen Blindenfußball. Daniel Hoß zeigte dann mit zwei Toren, wie es richtig geht, aber auch Finn traf. „Es wird erst richtig schwer, wenn man den Ball verliert, weil man nicht genau weiß, wo er dann ist“, beschrieb er die neuen Erfahrungen. Wie genau Hoß den Ball immer lokalisieren konnte oder auch die Spielfeldränder, ließ nicht nur die Kinder, sondern auch die zuschauenden Eltern staunen.

„Das ist Wahnsinn, der bleibt direkt vor der Linie stehen“, war Markus Bausch, der sportliche Leiter der Handicap-Abteilung in Weckhoven, begeistert. Er hatte auch die Idee, den Jungs Blindenfußball näher zu bringen. „Wir haben davon in Karlsruhe bei der Sepp-Herberger-Stiftung erfahren und uns direkt gemeldet. Das ist eine ganz neue Trainingseinheit“, erzählte er. 2009 wurde die „Neue Sporterfahrung“ von der Telekom in Kooperation mit DFB und DBS ins Leben gerufen, Bausch war begeistert: „Damit ermöglichen wir den Jugendlichen, durch eigene Erfahrungen, Berührungsängste gegenüber Menschen mit Einschränkungen abzubauen und stärken ihre Toleranz und Hilfsbereitschaft.“ Das ist bei den Weckhovenern aber sonst gefragt, denn unter Trainer Ralf Simons trainieren Jugendliche mit und ohne Handicap zusammen. „Das klappt super mit der Inklusion, die unterstützen sich alle, der Zusammenhalt ist klasse.“ Weckhoven plant weitere Aktionen, wie auch das Inklusionsturnier. „Es wird Zeit, dass Neuss aufwacht“, wünscht sich Bausch.