CDU kürt Nickel zu ihrem Bürgermeisterkandidaten
Thomas Nickel gewann gegen Sebastian Rosen in der Stichwahl.
Neuss. Zum Wahlparteitag der CDU strömten stolze 502 stimmberechtigte Mitglieder ins Landestheater. Sie wollten mitentscheiden, wer für die CDU in den Wahlkampf um das Bürgermeisteramt ziehen soll. Und sie entschieden sich für Thomas Nickel. Der verpasste die erforderliche Mehrheit im ersten Wahlgang knapp und konnte sich in der Stichwahl mit 296 Stimmen gegen Sebastian Rosen (146) durchsetzen.
Jörg Geerlings, Parteivorsitzender und Versammlungsleiter, sprach von einem spannenden Tag und einem „wichtigen Schritt in die Zukunft der Stadt“, als er die vier Kandidaten präsentierte. Der bis zuletzt möglich geglaubte externe Bewerber stand beim Wahlparteitag nicht auf. Dabei hatte allein Heinz Günther Hüsch, noch immer einflussreicher Ex-Ratsherr und Ex-Bundes- und Landespolitiker, mit drei Persönlichkeiten direkt oder indirekt verhandelt. Ergebnis: „Alle haben abgewunken.“ So blieb es bei den vier internen Kandidaten.
Die hatten ihren Anhang zu mobilisieren versucht, aber nicht durch Neumitglieder vergrößert. 20 Männer und Frauen wurden vorige Woche in der Neusser CDU aufgenommen. 20 Neuaufnahmen — das sei „leicht erhöht, aber nicht auffällig“, sagte CDU-Geschäftsführer Marcel Stepanek die Rekrutierungserfolge.
Wie schon beim bislang ersten und einzigen direkten Schlagabtausch der Kontrahenten präsentierte sich Klaus Goder, der sich schon vor zwei Jahren zur Kandidatur bereit erklärt hatte, als Mann der Wirtschaft, der auf die tiefe Verwurzelung seiner Familie in Neuss verwies. Er wolle, sagte er in Anspielung auf seinen Beruf, „politischer Hausarzt für ganz Neuss sei“. 47 Mitglieder fanden das im ersten Wahlgang gut — zu wenig.
Helga Koenemann gab in ihrer Rede eine Ausblick auf die Art, wie sie Politik gestalten will. Drei runde Tische — für bezahlbaren Wohnraum, gerechte Betreuung und eine „sichere und saubere Stadt“— nannte sie als Elemente ihres 100-Tage-Programms. Die Fraktionsvorsitzende im Rat empfahl den von ihr mitverhandelten Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Ratsmehrheit als „Bürgerprogramm“, der aber nicht Leitschnur ihres Handelns im Bürgermeisteramt sein wird. Mit 72 Stimmen schied sie in Runde eins aus.
Thomas Nickel, dritter Redner in der Reihe, spielte virtuos auf der Klaviatur der Emotionen — und seine Erfahrung aus. Jedem CDU-Mitglied hatte er sich noch einmal mit einem „Steckbrief“ auf den Sitzplätzen empfohlen, jeder durfte sich angesprochen fühlen, als Nickel die Gemeinschaft betonte und die „Erfolge von Jahrzehnten solider CDU-Kommunalpolitik“. Da gab es den ersten Applaus, der sich bis zum Ende steigerte. Die Sprache der Herzen — auch als er die SPD ins Visier nahm: „Die Genossen sind gescheitert. Sie können es einfach nicht.“
Auch Sebastian Rosen schoss — nahm allerdings vor allem die eigene Truppe ins Visier. Der Stadtverordnete kritisierte den schlechten Zustand der sozialen Großstadt Neuss. Den lastete er auch Amtsinhaber und Parteifreund Napp an. Dem Parteivorsitzenden warf er fehlenden Mumm vor und forderte einen Politikstil ein, den er Nickel nicht zutraue. „Ein fast 70-Jähriger“, sagte er mit Blick auf Nickels Alter, „spricht nicht mehr die Sprache der Jugend und der jungen Familien.“ Rosen trat betont forsch auf und gab die Vision aus: „Ich will die älteste Stadt Deutschlands zur modernsten Stadt Europas machen.“ Eine Mehrheit der CDU traut ihm das (noch) nicht zu.